Langer Atem im stillen Kämmerlein: die Solo-Arbeit von Pat Johnson

Entsetzt greift Pat Johnson nach der Hülle der Promotion-CD, die sein Antlitz auf der rechten Seite unscharf-schattig entschwinden läßt. Die reguläre Auflage von „Mooner“ konnte auf seine Intervention hin gerade noch die entscheidende Nuance heller gemacht werden. Wenn sich ein Künstler schon entschließt, mit vollem Konterfei für seine Arbeit zu werben, dann sollte dieses auch im optimalen Licht erscheinen.

Daß der Songwriter gleich seinen Kopf fürs Solo-Debüt hinhält, hat durchaus Symbol-Charakter. Lange hatte sich Johnson in der zweiten Reihe versteckt. Was ihm von einer flächendeckend-flachen Stadt-Zeitschrift den Titel „Vater des San-Francisco-Neo-Folk“ einbrachte. Auch hier: Entsetzen bei Johnson. „Natürlich werfen mich alle in diese Schublade, aber ich habe eigentlich wenig damit zu tun. Ich veröffentlichte nie eine Platte dort, und die Zusammenarbeit mit Penelope Houston lag vor dem ganzen Hype darum.“ Weiterhin: „undankbare“ Bar-Gigs mit Sid Griffin (ehemals Long Ryders, Coal Porters) in Los Angeles und eine Platte („Phonopaph“) mit der Band The Wellsprings Of Hope – eher „ein Experiment als ein richtiges Album“, das partiell fehlschlug, „weil ich zu hohe Erwartungen an mich hatte“.

Danach ließ sich Pat Johnson Zeit. Viel Zeit. „Ich hörte viel zu, auch mir selbst, auf der Suche nach einem Kontext. Ich wollte nicht nur eine Stimme, einen Stil, einen Gitarren-Sound. Und es hat eine Weile gebraucht, bis ich wußte, was ich tun wollte. Und bis ich gelernt hatte, wie ich das denn wohl tun muß.“ Der lange Atem im stillen Kämmerlein hat sich ausgezahlt. „Mooner“ ruft die souveräne Aura des selbstbewußten, aber nicht überheblichen Song-Handwerkers ab, der Coolness und Blues-getünchte Emphase zwecks Erkenntnisgewinn über Vergängliches, Vergebliches und Unvermeidliches abschöpft fein verwoben mit einer Natur-Metaphorik, die den Country-Boy aus South Dakota verrät „Da gab’s nicht viel außer Wind, Regen, Schnee, Wolken“, lacht Pat Johnson.

Der späte Debütant führt heute die paradoxe Existenz eines Nicht-Seßhaften, der gleichwohl halbwegs seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. Johnson pendelt zwischen Freunden in Hamburg, San Francisco und Offenbach, wo auch „Mooner“ größtenteils eingespielt wurde. Schon komisch, ein Vagabunden-Dasein zu führen in einem Alter, das anderen eher Seßhaftigkeit nahelegt. „Es hat schon seinen Charme. Dann aber gibt es auch Momente, da mich Schmerz überkommt und der Gedanke: ,Hier bist Du nun, ein 31jähriger Mann ohne Zukunft und ohne Wurzeln.‘ Das ist schon furchtbar.“ Zuvor hatte er mit seinem Vater telefoniert, der daheim der Rente in Florida harrt. Wieder ging es um die Stapel Musikzeitungen in der Garage, die sicher „eines Tages in Flammen aufgehen“ werden. „Als er fragte, was ich so mache, ließ ich beiläufig einfließen, daß ich gerade interviewt werde. Das mußte ich ihm einfach geben.“

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