Angel-A :: Start: 25. 5.

Andre (Jamel Debbouze) ist am Ende. Er hat überall Schulden, seine ohnehin absurden Ausreden verfangen nicht mehr, die zwielichtigen Gläubiger hetzen ihm Schläger mit einem letzten Ultimatum auf den Hals. Selbst die Pariser Polizei, bei der sich der kleine Marokkaner zu verstecken versucht, will den Verlierer nicht verhaften: „Ich bin ein Araber ohne Papiere! Wo ist das Problem?“, schreit Andre und will sich aus Verzweiflung in die Seine stürzen. Doch vor ihm springt eine junge Frau von der selben Brücken. Er rettet sie, eine langbeinige Blondine im kurzen schwarzen Kleid, die sich Angela (Rie Rasmussen) nennt und fortan an seine Fersen hängt wie eine Klette. Und plötzlich endet sein Pech. „Angel-A“ ist Bessons erster Film als Regisseur seit „Johanna von Orleans“ vor fast sieben Jahren und eine Überraschung:

In Schwarzweiß gedreht, kehrt Frankreichs erfolgreichster und einflussreichster Regisseur mit dieser kurzen, kleinen und komischen Geschichte zurück an seine Anfänge, zu seinem ebenfalls schwarzweißen Spielfilmdebüt „Der letzte Kampf“ von 1983. Zugleich zeigt der bei den Kritikern seiner Heimat wenig beliebte Filmemacher, der sich stets der langen französischen Kinotradition verweigert hatte und eher dem amerikanischen Actionfilm zugeneigt war, erstmals Nähe zur Nouvelle vague. An Jean-Luc Godards Meisterwerk „Außer Atem“ fühlt man sich zeitweise erinnert bei diesem Kammerspiel mit zwei Personen auf den Straßen von Paris, wobei der Vergleich gleich zeitig hinkt. Außer Atem gerät man letztlich bei den schnellen Schnitten und Kamerafahrten, die das Drama über Selbstvertrauen, Liebe und Identität immer wieder als gebremsten Actionfilm ausweisen. Im Kern ist „Angel-A“ ein typisches Besson-Werk. Angela, die sich als Andres Schutzengel entpuppt, bildet eine Linie mit lebensunfähigen Figuren wie etwa Jean-Marc Barr in „Im Rausch der Tiefe“, Anne Parillaud in „Nikita“ und Milla Jovovich in „Das fünfte Element“. Und Besson hat wieder ein modernes Erlösermärchen inszeniert, an dessen Ende der Tod und dennoch eine Hoffnung steht. Angela will den Jammerlappen Andre retten, ist aber selbst für diese Welt verloren. Ihre Moral, dass es nur auf innere Werte und den steten Glauben an sich ankommt, löst natürlich bei dem hässlichen Andre angesicht dieser umwerfend schönen Götterbotin nur ein bitteres Grinsen aus, durch.diese Ironie entgeht der Film aber auch der Banalität. Debbouze spielt den Loser mit anrührender Konfusion und einem tragikomischen Redeschwall famos. Das Model Rasmussen, von Brian De Palma auch in „Femme Fatale“ betörend stilisiert worden, zeigt sogar schauspielerische Qualität. Und dritter Hauptdarsteller dieses surrealen, auch visionären Vergnügens ist Paris, das Kameramann Thierry Arbogast tagsüber, nachts und bei Morgendämmerung in samtene, elegische Poesie taucht.

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