Das letzte Aufgebot
Es handelte sich bei diesem Schwanengesang in europäischen Stadien im Jahr 2007 eher um eine logistische Angelegenheit denn um eine musikalische. Der Dokumentarfilm „Come Rain Or Shine“, fast zwei Stunden lang, ist deshalb der eigentlich faszinierende Beitrag dieser Mammut-Box mit drei DVDs. Zwar sind die Musiker charismatisch wie Schuhlöffel und verrichten die Planungen und Proben für die Konzert-Anstrengungen mit dem Gleichmut und der Routine von Präzisionstechnikern. So recht Lust hat keiner, man albert herum, Phil Collins möchte die Tournee auf möglichst wenige Städte und große Stätten beschränken – er habe auch noch anderes zu tun („Ich Tarzan, Du Jane“?). Bei der Pressekonferenz spricht er von „a selection of concerts“, doch auf dem Bildschirm im Rücken wird eine „Tour“ angekündigt. Bei den Proben schaut der greise Ahmet Ertegun vorbei, Mentor und Aficionado der Band, der Phil Collins‘ Solo-Karriere auf den Weg brachte.
Die Stadion-Konzerte selbst werden dokumentiert wie schon die Genesis-Unternehmen in den späten 70er Jahren. Entscheidend ist immer die Frage nach dem Wetter, und in Helsinki und Hamburg kübelt es dann wie bei der Sintflut. Scheinwerfer-Tentakel ragen aus der Bühnen-Konstruktion, die Technik droht zu kollabieren, die Zuhörer freuen sich wie nasse Pudel über „Land Of Confusion“ und „Follow You, Follow Me“. Die frühen Klassiker „Carpet Crawlers“ und „In The Cage“ werden eingebunden, von „Firth Of Fifth“ immerhin ein „Excerpt“ (ein großartiges Gitarren-Solo von Daryl Stuermer). Es gibt natürlich „Afterglow“, „Los Endos“, „Home By The Sea“, „Domino“, „Mama“ und die wohlfeilen letzten Hits.
Man kann hier sehen, wie ein beweglicher Staat noch einmal aufgetakelt wird, nachdem die letzte Glut erloschen ist. In Rom sind 500 000 Menschen auf den Beinen, um einen Eindruck von dem Spektakel zu erhaschen. Majestätisch sieht es aber nur von oben aus. Und das war es dann. Phil Collins will nicht mehr singen. Der Weg ist frei für „The Lamb Lies Down On Broadway“. (EMI)