Das Meer in mir :: Start 10.3.
„Ich blicke nicht zurück, sondern denke an die Zukunft.“ Nur selten war solch eine optimistische Phrase so sarkastisch. Denn Ramon, der diesen Satz mit spöttischer Euphorie ausspuckt, ist gelähmt. Seit einem Badeunfall vor 27 Jahren kann er sich vom Hals abwärts nicht mehr bewegen, sei sein Körper tot, wie er sagt Und sein einziger Wunsch für die Zukunft ist ebenfalls der Tod. Doch niemand lässt das zu.
Der spanische Regisseur Alejandro Amenabar, mit surrealen Gruselstücken wie „Open Your Eyes“, das Cameron Crowe für Hollywood unter dem Titel „Vanilla Sky“ mit Tom Cruise neu verfilmt hat, und „The Others“ mit Nicole Kidman ein virtuoser Grenzgänger zwischen dem Jenseits und der Realität, erzählt in „Das Meer in mir“ diesmal eine authentische Geschichte. Ramon Sampedros stritt als Querschnittgelähmter vor Gericht für einen selbstbestimmten Tod und veröffentlichte 1996 seinen Gedichtband „Briefe aus der Hölle“, den Amenabar als Vorlage nutzte für das Porträt eines Mannes nutzt, dessen Geist vor Witz, Weisheit und Charme sprudelt, der jedoch sein Schicksal leid hat und unbedingt sterben will. Javier Bardem verkörpert diesen todessehnsüchtigen Philosophen und Freiheitskämpfer sympathisch, ja verführerisch mit beeindruckender Mimik. Gefesselt ans Bett, spielt sich in seinem Gesicht das ganze Drama ab, drückt er mit bissiger Ironie eine Hoffnung aus, die seine Familie und Freunde immer wieder verzweifeln lässt. Sein gläubiger Bruder, in dessen Haus er lebt, will seinen Freitod nicht akzeptieren. Seine Schwägerin pflegt ihn bedrückt und still wie einen Geliebten. Der Vater sagt, schlimmer als ein verstorbenes Kind sei ein Kind, das nicht mehr leben wilL Und Rosa, eine junge alleinerziehende Mutter, würde ihn gerne heiraten.
Ein starker Kontrast dazu ist Gene, eine vor purer Lebensfreude mitreißende Mitarbeiterin einer Organisation für Sterbehilfe, die sich für Ramons Fall einsetzt und ein Baby erwartet Juristisch unterstützten will ihn die Anwältin Julia (Belen Rueda). Zwischen ihr und Ramon entsteht bald tiefe Zuneigung. „Es lohnt sich, in dieser Hölle zu leben, wenn man dort Menschen wie dich trifft“, sagt er – bittet sie zugleich aber, ihm Zyankali zu besorgen. „Nur wer mir hilft, der liebt mich wirklich“, ist sein Leitsatz.
Amenabar hat ein großes Melodram gedreht, das nicht moralisch über Leben und Tod urteilt, sondern den Schmerz von jedem Einzelnen in dieser schicksalhaften Verstrickung betont Die Bitterkeit begleitet zudem ein immer lebensnaher Humor. Als etwa einmal Julia ziemlich verwundert darüber ist, dass Ramon raucht, antwortet er: „Es könnte mich ja umbringen. Tut es leider aber nicht“