Die Ärzte :: Wir wollen nur deine Seele

Ein Live-Doppel-Album bestätigt: "Es gibt nur einen Gott - BelaFarinRod!"

Ob sie die beste Band der Welt sind? Wohl nicht. „Die witzigste Band Deutschlands“ sind die Ärzte allemal. Der beste Beweis ist dieses sagenhafte, 190 Minuten lange Live-Album: zwei CDs mit alten und neuen Gassenhauern plus eine „Spoken Word“-Mini-CD mit launigen Ansagen, amüsanten Fäkal-Witzen, saftigen Schenkelklopfern und Geschichten wie die von der „finnischen Penis-Pumpe“. Wer da nicht mitlacht, ist „Spex“-Leser oder Old-School-Feministin – und für die gibt’s immerhin den Hit „Männer sind Schweine“.

Trotz kleiner politischer Inkorrektheiten sind die drei Berliner noch immer Lichtjahre von jener Stammtisch-Attitüde entfernt, die das Spätwerk der Toten Hosen so ungenießbar, so bierbäuchig und reaktionär klingen lässt. Obwohl beide Bands 1982 fast gleichzeitig starteten, haben sich die Ärzte jugendliche Frische, aufmüpfige Keckheit und ein waches Interesse an aktueller Popkultur bewahrt, während die Toten Hosen noch immer ihrem verlogenen Drei-Akkorde-für-die-Kumpelsvom-Stadion-Pathos nachhängen.Wenn die Arzte alte Kamellen wie „Kopfhaut“ spielen (Lieblingszeile: „Du kannst gehen, aber deine Kopfhaut bleibt hier“), dann können auch blutjunge Schulmädchen damit etwas anfangen – die alten Irokesen („Hasse ma ne Mak, Alter?“) lachen sowieso, schon aus Nostalgie. Und dass die meisten Stücke etwas schlampig gespielt werden, zeigt doch nur, wie sehr es Bela, Farin & Rod um den eigenen Spaß geht – und nicht um das Konservieren von 20 Jahren deutscher-Punkrock-Geschichte. Punk ist heute Teil des Establishment, ein Genre unter vielen. Punk ist Pop. Und weil die Arzte eigentlich schon immer eher eine Pop-Band waren (siehe: „Oh mein Teddy“ oder „Grace Kelly ist tot“) klingt ihre Musik auch 18 Jahren später noch so unangestrengt, so ideologisch unbelastet – während man bei den Konkurrenten aus dem Rheinland das Gefühl bekommt, sie seien die letzten Überlebenden einer SED des Punkrock.

Oder spielen die Hosen etwa auch mitten in einem Hit mal kurz ein paar Takte Ricky Martin, nur weil’s allen Beteiligten Spaß macht? Deshalb gilt wohl auch im nächsten Millennium der alte Ärzte-Schlachtruf: „Es gibt nur einen Gott: BelaFarinRod!“

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