Die Toten Hosen – Unsterblich :: Keine Angst vor Peinlichkeit: Die Radau-Routiniers wagen moderate Neuerungen

Zu Beginn ist alles in Butter. Die Hosen, wie man sie kennt: „Entschuldigung, es tut uns leid!“ ist ein ironisches Punkrock-Stück, aber dann? „Lesbische, schwarze Behinderte“. Ein Song von Funny van Dannen, der gleich noch drei weitere Stücke mitgeschrieben hat. Weil die Hosen keine eigenen Ideen mehr haben? Wohl eher, weil sie rechtzeitig gemerkt haben, dass sie in eine Sackgasse geraten. Für Spaß- und Sauflieder a la Jägermeister“ sind sie zu alt, noch finsterere Texte als die vom Vorgänger „Opium fürs Volk“ wollten sie allerdings auch keinem zumuten. “ Unsterblich “ ist nun ein Kompromiss geworden, der erstaunlicherweise gar nicht faul klingt, sondern stimmig und – wie immer, jawohl – äußerst unterhaltsam.

Man mag das Gutmenschentum der Düsseldorfer verachten, meinetwegen auch die ewige Jugendlichkeit und die halbherzige Punkrock-Attitüde. Doch ach, damit rennt man nur offene Türen ein und direkt an die Selbstkritik-Mauer der Band. Die Abrechnung mit der Karriere der Toten Hosen liefern sie selbst: „Helden und Diebe“ und einiges dazwischen. „Alles wie immer“ also?Nicht ganz. Ein Orchester wurde eingeladen, weshalb es mehr ruhige Passagen denn je gibt und Campino nun bisweilen richtig singen muss. Mit den Texten verhält es sich ähnlich wie bei „Opium“: Wer keine Angst hat, peinlich zu sein, ist es meistens gerade deshalb auch nicht – die Zeilen klingen echt. Natürlich ist ein Liebeslied wie „Unsterblich“ ein bisschen kitschig, und bestimmt ist „Unser Haus“ keine große Lyrik. Aber zwischen dem bemühten Wortwitz der Arzte und der Pseudo-Dichtkunst von Vfesternhagen hört sich „Campi“ angenehm normal an.

So ist es eben, das Leben, wie es die Hosen sehen, und man muss ja nicht immer zustimmen – bei „Bayern“ hört der Spaß nämlich auf, selbst wenn Fortuna-Fans immer einen Mitleidsbonus bekommen. 3,0

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