Fantomas – Delìrium Còrdia :: IPECAC/EFA
Da arbeiten sich Generationen von Death-Metallern und Gothic-Jüngern an diversen Visionen der Hölle ab, und dann kommt Mike Pattons kraftstrotzende Truppe und schüttelt den ultimativen Albtraum einfach so aus dem Ärmel. Es ist ein romantisches Versinken in der Finsternis, eine fiebrige Reise in die Welt von H. P. Lovecraft, Edgar Allan Poe und Charles Baudelaire. Damit niemand auf die Idee kommt, einzelne Tracks anzuwählen, besteht das Album aus einem einzigen, 74 Minuten langen Stück, das allerdings gegliedert ist in mehrere Sätze.
Ein Gläschen Laudanum zur Einstimmung könnte eigentlich recht hilfreich sein. Neumond, ein energischer Herbststurm und das Gefühl, wirklich allein zu sein, dürften die Intensität des Dargebotenen sogar noch steigern. Danach möchte manvermutlich ear nicht mehr wissen, dass die vier Musiker in Bands spiel(t)en wie Faith No More, Melvins, Slayer und Mr. Bungle. Auf ihrem letzten Werk „The Directors Cut“ haben sich Fantomas noch real existierende Film-Soundtracks vorgeknöpft. Diesmal sind es abstrakte Stimmungen, denen ungewohnt leise und ruhig nachgegangen wird. In manchen Momenten erinnert das an ambitionierte Neue Musik, in anderen an billige, aber effektive Schockeffekte.
Und zwischen all diesem geheimnisvollen Glöckchenklingeln und vollmundigen Mönchschören bricht immer wieder auch die Lust am brachial inszenierten Metal-Exzess durch. Allerdings nur sekundenweise. Denn das alles scheint gemacht für Menschen mit extrem kurzen Aufmerksamkeitsspannen. „Delìrium Còrdia“ wurde von Grammy-Preisträger Husky Hoskulds als zweiteiliges Großwerk produziert. Die Fortsetzung folgt im ersten Halbjahr 2004. Dann ist allerdings Frühjahr, und wir erwarten eine Reise ins Licht.