Jimi Tenor – Intervision

Der Kopf ist klein und zerknautscht, aber seine Hornbrille ist riesig. Jimi Tenor sieht aus wie eine Heuschrecke. Das wissen die Käufer seiner Platten, weil er sich für das Coverphoto als Popstar in reißerischen Posen präsentiert, doch viele Besucher der Konzerte kennen sein Aussehen nicht, weil er meist hinter einer Burg von Keyboards arbeitet. Der Finne, der einst wegen seines unkonventionellen Jazz-Verständnisses von der Musikhochschule in Helsinki flog, ist sowas wie eine One-Man-Big-Band. Manchmal spielt er Swing, manchmal Techno, oft beides zusammen. Das sorgt für Verwirrung, wie neulich, als er in Moskau alleine mit einer Orgel bei einem Rave-Happening aufgetreten ist.

Die Verwirrung, so muß man betonen, liegt immer auf der Seite des Publikums. Denn der Warhol-Wiedergänger ist die Gleichmut in Person, Aufregung ist ihm fremd. Auch wenn er zur Zeit in allen Clubs dieses Planeten gespielt wird. Auf „Intervision“, seinem ersten Album für das englische Elektronik-Label Warp, orgelt, flötet und prustet sich der Multi-Instrumentalist stoisch durch die unterschiedlichsten Genres.

Der Groove wirkt bei Jimi Tenor automatisiert, ist aber niemals langweilig. „Caravan“, den Klassiker von Duke Ellington, präsentiert er zum Beispiel als Rohzirkus-Version. Dafür zeigt er sich in eigenen Komposition ab Könner in Sachen Arrangement, so sind in dem Song „Downtown“ die verschiedenen instrumentalen Ebenen kunstvoll verschachtelt. So jagt etwa das psychotische „Sugardaddy“ dem Hörer Schauer über den Rücken wie der elektronische Rockabilly von Suicide, und in vielen Tracks benutzt Jimi Tenor Stimmenmodulatoren, wie wir sie vom P-Funk kennen. Sein Future-Listening-Entwurf ist funky, und er ist auch dreckig. Als Kulisse könnte Jimi Tenor sich ein Raumschiff aus Pappkartons bauen.

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