JP, Chrissie & The Fairground Boys :: Fidelity
Die Pretenders-Frontfrau hat das Glück entdeckt, bleibt aber blass.
Es ist immer verdächtig, wenn Künstler behaupten, ein neues Glück gefunden zu haben. Chrissie Hynde war nie die Glücklichste, die Musik mit den ausrangierten Pretenders zuletzt wenig geglückt. Nun hat sie den Songwriter JP Jones gefunden, der hat sie gefunden, und beide haben sie die Fairground Boys Patrick Murdoch (Gitarre), Sam Swallow (Keyboards), Vezio Bacci (Bass) und Geoff Holroyde (Schlagzeug) gefunden. Und dann haben die Kollaborateure des Glücks auch noch ihre Namen in bunter Jahrmarktschrift aufs Cover gehievt.
Allzu bunt geht es auf „Fidelity!“ jedoch nicht zu. Im Großen und Ganzen hat man es hier mit Liedgut zu tun, das Musiklehrer ihren Schülern gern als Rock/Pop vermitteln, also alles von „Let It Be“ bis „Blaze Of Glory“. Natürlich ist Chrissie Hynde viel zu clever, um einen derart abgeschmackten Songreigen abzuliefern. Zumindest ist sie bemüht, an die mittlere Pretenders-Phase anzuknüpfen, circa „I’ll Stand By You“. „Misty Valley“ ist so ein Moment, die langsam zupackende Ballade, der Fixstern auf einem gelinde gesagt durchwachsenen Album. Fast hätte man die lasziv-kühle Lethargie vergessen, mit der Hynde mühelos durch ihre Beziehungswelt zu gehen pflegt. JP Jones‘ Stimme wirkt im Vergleich wie ein Fremdkörper. Er versucht sich wahlweise am knarzigen Tom Waits („Perfect Lover“), dem überdrehten Ryan Adams von „Rock’N Roll“ („Courage“) und dem frühen John Cougar Mellencamp („Australia“), ohne jemals deren Brillanz zu erreichen.
Als Bonus gibt es eine schlimme Duettversion von „Skinny Love“, im Original vom Blockhütten-Kastraten Bon Iver. Hynde und Jones wollen die Kraft der Zweisamkeit beschwören, doch sie hören sich wie verbitterte Eheleute an, die nach einer Nacht voller Tränen und Scherben in Resignation verfallen. Wenn so die Vertonung des Glücks klingt, ist selig, wer sein Heil in Alkohol und Depression sucht. (Edel) Max Gösche