Pavement – Brighten The Corners

Das Chaos bezähmen. Wer hat sich dieser Aufgabe aufopferungsvoller gewidmet als Steve Malkmus und seine Mitmusiker? Wer ist tapferer angeschwommen gegen den Strom der Vergangenheit? Daß in der Musik alles schon mal da war, ist den fünf Amerikanern schmerzlicher bewußt als vielen anderen. Aber dadurch den Kampf um Innovation gleich aufzugeben und einfach „Retro“ zu sein – das wäre unter ihrer Würde. Obwohl Malkmus in einem vertraulichen Gespräch zugab, das erste Album der Black Crowes ganz gern zu mögen. Was jedoch nur beweist, daß sein freier Geist vor keinem Einfluß haltmacht.

Pavement fanden einen Weg, gegen den Plattenschrank in den Köpfen anzuspielen: Sie zitierten einfach daraus. Das Frühwerk der Gruppe gleicht einem Workshop „Rock-Geschichte“. Krautrock, Jazz, Velvet Underground, Aerosmith und The Fall gehörten im Pavement-Universum zusammen – und ihre Liste wurde laufend verlängert. Sich dem Chaos eigener Einflüsse und der tausendfach umherschwirrenden Musikatome beherzt auszusetzen, erwies sich als Königsweg zur eigenen Form:

Mit „CrookedRain Crooked Rain“ erhob sich 1994 ein Album aus dem

Urschlamm, das nicht nur vielen Kritikern den Atem raubte. Pavement hatten es darauf nicht nur geschafft, die disparaten Elemente in ein Konzept zu integrieren. Sie hatten auch eine aufwühlende Platte aufgenommen, deren Pathos in der Resignation lag: Von der Rockmusik verlangte die Band zwar immer noch mehr als nur ein Butterbrot – sie wußten allerdings auch, daß sie nicht mehr bekommen würden.

Ein Jahr später veröffentlichten sie „Wowee Zowee“ – ein ebensso angenehm schlaffes, vieldeutiges und leicht resigniertes Werk, das wieder kein Auge trocken ließ. Und nun fügt sich „Brighten The Corners“ in diese Reihe der „Meisterwerke des Post-Rock“ ein. Man schwimmt in einem Meer von Gitarrensounds: Mal klingt Hardrock durch, mal klingelt eine jazzige Gitarre wie im Traum, mal wird nach alter Art geschrammelt. Steve Malkmus tut, als würde er dazu singen, weil Sänger eben zu der Musik ihrer Band singen. Aber macht er das wirklich? Man hat eher den Eindruck, als singe er zu einer Begleitung, die nur für seine Ohren hörbar ist – in Wirklichkeit spielen Pavement seine Kopfmusik. Und die wird tenzenziell immer langsamer.

Auf „Brighten The Corners“ gibt es noch mehr verschlafene Zeitlupenballaden als auf ihrem letzten Album.

Die Leute von Pavement sind zu bescheiden, um Komplimente anzunehmen. Sonst müßte man ihnen sagen, daß sie mal wieder die beste Platte weit und breit gemacht haben.

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