Prag

Premiere

Tynska/Toonpool

Wertkonservativ ist das neue Hip, sagt dieses sonderbar prätentiös klingende Album. Und falsch ist die These nicht. Antony & The Johnsons, Get Well Soon, Rufus Wainwright – große Arrangements, das opulente Zusammenspiel von Streichern und Bläsern, all dieser Theaterdonner hat im aktuellen Pop längst einen festen Platz. Auch viele Songs des Debütalbums von Prag sind zusammen mit einem großen Orchester entstanden – in Prag. Weil es dort offenbar besonders toll war, hat das Trio die Stadt als Souvenir im Namen behalten. Ob sie es will oder nicht: Prag wird als „die Band von Nora Tschirner“ gehandelt. Doch die kecke Schauspielerin und Ex-MTV-Moderatorin ist zwar mit von der Partie – in Wirklichkeit ist Prag allerdings die Band von Erik Lautenschläger, der fast alle Lieder singt. Mit Tom Krimi, dem Dritten im Bunde, hat er die zwischen Chanson, Pop und altem deutschen Schlager herumhüpfenden Songs auch geschrieben. Tschirner ist nur als zweite Stimme zu hören – und als Bariton-Gitarristin, so steht es jedenfalls in der Info. Und während Ralf Niemczyk Prag im letzten ROLLING STONE als popmusikalisches „Traumteam“ lobte, muss hier nun leider widersprochen werden: Mit dem Versuch, ein ironisches Generationen-Dingsbums zu verbreiten, sind Songs wie „Sophie Marceau“ leider nur schwer erträglich. Die Klasse von „La Boum“ ist inzwischen auch schon in ihren Vierzigern – doch die erste erotische Fantasie können die grau gewordenen Buben einfach nicht vergessen: „Wir alle waren so verliebt in Sophie Marceau/ Sag nicht, es war nicht so, denn es war doch so/ Sag nie, es war nicht so.“ Im Hintergrund erklingt ein pathetischer Pop-Abklatsch der „Brandenburgischen Konzerte“, im Wechsel mit einem im Lounge-Stil gerührten Marimba-Cocktail. Und so geht das weiter, mal melancholisch, mal ironisch, mal sehnsüchtig und immer einen Zacken zu pompös. Wenn La Tschirner im Hintergrund zirpt, wird es angenehmer –ihr Kieksen ist nicht so anstrengend wie Lautenschlägers sehr extremes Knödeln, Dehnen und Sehnen. Prag mühen sich so brav, so rechtschaffen darum, poetisch zu sein, dass man versucht ist, einen zusätzlichen Mitleidspunkt zu geben. Aber warum?