Sleeper – Pleased Too Meet You :: Indolent/ RCA
Neulich nachmittag in einem gutsortierten Plattenladen einer größeren deutschen Stadt: K., 24 Jahre, Supergrass-T-Shirt, Cord-Jacke, Soziologie-Student, begrüßt seinen Kommilitonen U., 25, kariertes Hemd, Second-Hand-Jacket.
K.: „Geht’s gut?“ U: „Naja, dieses Novemberwetter bringt mich ganz schön runter. Ich brauchte jetzt eine richtig geile Popscheibe zum Wochenende. Ach, es gibt ja was Neues von Sleeper – das wär ’ne Option. Drittes Album, oder was? Die mochte ich immer.“ K.: „Ich eigentlich auch. Kannst du dich erinnern, wie sie die Boo Radleys bei der gemeinsamen Tour ganz schön alt aussehen ließen?“ U.: „Ja, Louise Wener. die Sängerin, ist schon ein Schatz. Pornographie ist großartig!
Hat sie mal gesagt… Und hat sich dann vor der gefaketen Downing Street No. 10 photographieren lassen. Na, die wird sich wohl kaum bei Tony Blair einschleimen. Was stand noch mal auf ihrem T-Shirt?“
K.: „Tja… Ich muß leider sagen: Enttäuschung! Die haben zwar versucht, eine richtige Pop-Platte zu machen. Und nicht den Britpop-Kollegen von damals zu folgen, die jetzt beweisen müssen, daß sie auch rocken können. Und die Louise versucht manchmal sogar, richtig zu singen. Aber…“
U.: „Hat denn Stephen Street nicht wieder produziert?“ „Doch, doch ihn trifft auch keine Schuld. Es sind vielmehr die Songs. Von den 13 hat Louise übrigens 11 allein geschrieben. Der Baßmann ist ja jetzt weg, das weißt du sicher. Für das Album ist dafür Chris Giammalvo von Madder Rose eingesprungen. Nee, nee, diese Songs.«“ U.: „Wie? Keine Ohrwürmer vom Schlage ,Sale Of The Century‘ oder ,Lie Detector‘?“ K.: „Nichts dergleichen. ,Rollercoaster‘ beginnt beispielsweise quirlig wie ein Stück von Morrissey und endet dann im typischen Elastica-klauenbei-Wire-Hauruck-Gitarrengetöse, wie so einiges auf ,Pleased To Meet You‘ – das ist geblieben.“ U.: „Ooch, davon hab‘ ich ja eigentlich schon genug zu Hause! Wie ist denn diese Single – ,She’s A Good Girl‘?“
K.: „Geht so. Da wollen sie ,Dear Prudence‘ kopieren. Immerhin spielen die Kick Horns auf dem Track. Sleeper haben sich auch ein wenig bei Trip-Hop umgehört und benutzten nun Drum-Loops und so. Geht aber eher nach hinten los.“ U.: „Schade, schade. Wirklich kein einziger Ohrwurm?“ K.: „Vielleicht für’n Offenen Kanal! Oder Reinhold ‚ch steh auf Rock‘ Beckmann. ,Romeo Me‘ heißt das Ding und klingt wie Texas.“ U.: „Frühe Phase? Dann weiß ich ungefähr Bescheid.“ K.: „Genau. Bloß nicht ganz so gut.“ U.: „Ah, verstehe. Tja, rettet das Wochenende auch nicht“
K.: „Hau rein. Wir sehen uns Montag an der Uni.“ U.: „Wir sehen uns Montag mittag!“ K.: „Ois kla, Alter!“ U. verabschiedet sich mit Handschlag und kauft dann die neue Janet Jackson.