Wig Out At Jagbags :: Krautrock revisited: Das Berlin-Album des Pavement-Kopfs
Da sind die „Surreal Teenagers“, die sich in eine Art Postrock-Epos verirrt haben. Da ist „Planetary Motion“ mit dem aufdringlichen Stakkato und der quäkenden zweistimmigen Gitarrenmelodie, da „Shibboleth“ mit der brummelnden Bassline und dem dissonanten Solo, da das sprachverliebte „Scattegories“, da das Herumgefrickel in „Independence Street“.
Das also bleibt übrig von den zwei Jahren, die Stephen Malkmus in Deutschland beziehungsweise Berlin verbracht hat: die gleiche Sorte Krautrock, die David Bowie schon in den 70er-Jahren in seinen Berliner Jahren aufschnappte. Außerdem, so der Ex-Pavement-Chef, sei das neue Album „inspired by Cologne, Germany, Mark von Schlegell, Rosemarie Trockel, Von Spar and Jan Lankisch, Can and Gas; Stephen-Malkmus-imagined Weezer/Chili Peppers, Sic Alps, UVA in the late 80’s, NYRB, Aroma Charlottenburg, inactivity, Jamming, Indie guys trying to sound Memphis, Flipper, Pete Townshend, Pavement, The Joggers, The NBA and home life in the 2010’s “ Das ist alles irgendwie richtig und irgendwie völliger Quatsch, oder, um es abzukürzen: „Wig Out At Jagbags“ ist ein typisches Stephen-Malkmus-Album.
Es gibt Pop über Pop, wie die Persiflage „Rumble At The Rainbo“ oder das mit Bläsersatz garnierte „Chartjunk“, das sich Malkmus bei 10cc abgeschaut haben könnte, und es gibt diesen lakonischen, linkisch schlurfenden Indie-Rock, den Malkmus schon bei Pavement kultivierte. Das hübsch holpernde „Lariat“ zum Beispiel schwärmt von Grateful Dead und den Achtzigern und bringt vergnügt Rock’n’Roll-Slogans durcheinander („You got what you want/ You want what you got“). In „Houston Heels“, das einem zunächst mit einem kruden Intro auf die falsche Fährte lockt, liefert er eine eigenartige sanftmütig-süßliche Soulinterpretation ab. Und in „J Smoov“ gelingt ihm sogar das Kunststück, Slackerposen und Easy Listening zusammenzubringen – samt Posaunensolo und Streicherschmalz. Die Berliner Jahre haben sich gelohnt. (Domino) GUNTHER REINHARDT
Blood Orange