whisky zur milchtrinkerzeit: Was zu erwarten war: THE STROKES hielten alle Versprechen

Es kommt selten vor, dass der Überraschungseffekt so schnell so klein schrumpft. Wie die Strokes-Platte klingen wunde, wussten Zeitschriftenleser ja schon Monate, bevor sie veröffentlicht wurde. Und wie die Konzerte der Band ablaufen, stand sogar in den großen Tageszeitungen, die sich Berichte aus New York eingekauft hatten: Die Strokes kommen auf die Bühne, sie bewegen sich kaum, sie spielen alle (derzeit 14) Lieder, die sie können, sie sind göttergleich cool.

Gemessen daran, wie schnell die drei Deutschland-Auftritte der Strokes ausverkauft waren, darf man annehmen, dass tatsächlich vor allem die bestens unterrichteten Fans in die mittelgroßen Hallen kamen. Sie hatten vorher ausgerechnet, dass die Band für das Repertoire nicht länger als 50 Minuten brauchen, also sicher spät anfangen würde. Es soll Leute gegeben haben, die deshalb den Anfang verpassten – die Vorgruppe Stereo Total begann ganz katholisch um Punkt acht, die Strokes nach der standardisierten Umbaupause um halb zehn. Milchtrinkerzeit.

Und das war so: Die Strokes kamen auf die Bühne, sie bewegten sich kaum, sie spielten alle (derzeit 14) Lieder, die sie können, sie waren göttergleich cool. Überraschend, dass sie ausgerechnet mit dem neuen Song „Meet Me In The Bathroom“ anfingen (bei den bisherigen Auftritten war es meistens „Is This It“). Außerdem ließ sich Sänger Julian Casablancas bei einem der letzten Stücke auf die ausgestreckten Hände der vorderen Reihen gleiten, was man als emotionale Geste missverstehen könnte und als letzten Schritt der Entmystifizierung: Die Strokes, die Rattenkönige von New York, darf man jetzt sogar anfassen.

Naja, keine Spur davon. Die Band gibt nichts weg, lässt sich nicht über die Schultern oder ins Tagebuch gucken. Sie vermeidet alles, was an Konzerten peinlich oder langweilig sein kann, Soli, Cover-Versionen, zu ausführliche Ansagen – vielleicht liegt es daran, dass die Strokes so abwesend wirken, obwohl sie nur ein paar Meter weiter auf der Bühne stehen. Nicht mal ihre Musik klingt live besser als auf Platte, was aber vor allem daran liegt, dass die Platte so unglaublich gut gemacht ist.

An diesem Abend in der Großen Freiheit kommt der Wunsch hoch, man hätte die Strokes zufällig in einem Kellerloch als Vorgruppe von Guided By Voices gesehen oder bei einem Festival, um 13 Uhr, bei Sonnenschein. Man hätte es gern erlebt, wie die Band unter so schwierigen Umständen mit ihrer zweifellos riesigen Kraft die Dinge an sich reißt. Hier ist es einfach zu einfach: Wie die Strokes Hamburg erobern, das ist, wie wenn der FC Bayern gegen einen Bezirksligisten 12:0 gewinnt. Klarer Sieg, Spannung null.

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