Bon Jovi :: Lost Highway

Abfahrt verpasst: Bon Jovi kommen nicht mehr raus aus den Klischees.

Wer führe freiwillig die 21 Kehren nach Alpe d’Huez hinauf, wenn ihm schon im Tal zugejubelt würde? Der einzige Grund, sich so zu quälen, ist doch der, dass unten kein Lob zu erwarten ist. Man muss immer

wieder nach oben, es gibt keine Euphorie ohne neue Erfolge. So kommen Höchstleistungen zustande, deshalb gibt es Epo.

Bon Jovi brauchen kein Doping und keine neuen Herausforderungen mehr. Sie sind Ende der Achtziger einfach auf dem Berg hocken geblieben und betrachten die Welt von oben herab. Ein paar gutgläubige Rocksportfans warten seit 12, wenn nicht 15 Jahren auf ein weiteres gutes Album der Profis. Aber weil Tausende sich damit zufrieden geben, in großen Stadien Jons schönes Gesicht anzuhimmeln und immer wieder die alten Hits mitzuschreien, müssen Bon Jovi gar keine tollen Platten mehr aufnehmen. Sie schreiben einfach immer wieder dieselben Lieder, spielen live nur ganz wenige davon und ruhen sich auf ihren faulen Lorbeeren aus. Dagegen war Jan Ullrich im unfittesten Zustand noch ein Extrem-Kämpfer.

In Nashville haben Bon Jovi nun „Lost Highway“ aufgenommen, mit Allerweltsproduzent John Shanks und Mainstream-Country-Spezialist Dann Huff.

Man hört das nicht, man hört auch nichts von der „künstlerischen Freiheit“, die Jon Bon Jovi sich herausgenommen haben will. „It’s independence day on this lost highway, hey hey“? Wo ist die Maschine, die diese Textbausteine ausspuckt? Und kann Lance Armstrong sie nicht mal schnell mit seinem Stahlgebiss zerstören? Jon Bon Jovi und Richie Sambora waren freilich noch nie gegen Klischees gefeit, aber dass das mit den Jahren immer noch schlimmer wird! „Make A Memory“ ist das neue „Always“, nur ganz ohne Wumms. „Whole Lot Of Leaving“ plänkelt genauso harmlos vor sich hin, dann überrascht „We Got It Going On“ mit dem typischen „Living On A Prayer“-Party-Hook, und der Text ist hoffentlich ein Witz in Def Leppard-„Let’s Get Rocked“-Tradition, denn ernst kann er nicht gemeint sein.

Auch „Any Other Day“ hat man schon mehrfach gehört, die Ballade „Seat Next To You“ kommt überhaupt nicht in die Pötte, „Everybody’s Broken“ trieft vor den üblichen Durchhalte-Sprüchen. Klar, it’s my life, l’LL sleep when I’m dead, someday I’ll besaturday night, eep thefaith, everyday,neversaygoodbyeand have a nice day! Bei „Stranger“ singt die genauso unsäglich langweilige LeAnn Rimes mit, der Rest ist noch mehr 08/15-Ware.

„I dream about movies they won’t make of me when I’m dead“, sang Jon Bonjovi mal, und so wird das leider auch ausgehen. Weil es bei Karrieren, an die man sich gern erinnert, nicht nur um Etappen-Erfolge und gelbe Trikots geht, sondern um Hungerast und Quälerei, Sieg und Niederlage, um den Kampf gegen den Durch‘ schnitt. Im Titelsong dieses zehnten Albums der mittlerweile mittelmäßigsten Band der Welt heißt es: „Farewell to mediocrity.“ Farewell to Bon Jovi.

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