Stop Making Sense

Talking Heads

Es gab die Beatles-Filme, es gab „Woodstock“, es gab „The Last Waltz“. Als „Stop Making Sense“ 1984 in die Programmkinos kam, war das ein Akt der Rebellion und der Hybris – denn die Talking Heads hatten keine großen Hits, sie traten nicht in Stadien auf, und ihre Alben bildeten die Spitze der Pop-Avantgarde. Zwei Jahre zuvor hatten sie ein unübertreffl iches Live-Doppelalbum aufgenommen, die Kritik liebte sie, und das nicht sehr subtile „Burning Down The House“ wurde in Diskotheken gespielt. Aber ein Film?

David Byrne hatte einen jungen Regisseur ausgesucht, der aus der Roger-Corman-Schule kam und ein paar tolle Low-Budget-Filme gedreht hatte. „Stop Making Sense“ erzählt indes keine Geschichte, enthält keine Backstage-Szenen, keine Interviews und keine Bilder aus der Vergangenheit. Ein dünner Mann in einem Anzug und flachen Turnschuhen kommt mit einem Kassettengerät und einer akustischen Gitarre auf die leere Bühne, stampft mit den Füßen auf und singt „Psycho Killer“. Eine Frau in einem militärgrünen Hosenanzug kommt dazu und greift die Basstöne von „Heaven“. Ein Schlagzeugpodest wird auf die Bühne geschoben, ein Trommler beginnt seine Arbeit. Ein Gitarrist, ein Tabla-Spieler, zwei Sängerinnen.

Ein paar Songs später, bei „Life During Wartime“, ist alles in Bewegung, veitstanzt, schunkelt, wiegt sich hin und her zu den Polyrhythmen dieses schamanischen Dschungel-Infernos, schaukelt sich auf bis zur Gospel-Emphase von „Girlfriend Is Better“ und „Take Me To The River“. Es war die aufregendste Musik der Welt.

Drei Jahrzehnte später ist der Minimalismus noch immer überzeugend, und bessere Musik gibt es auch nicht. Die DVD ist mit einem Audiokommentar von Jonathan Demme und den Musikern versehen, sie sagen schlaue Sachen, alles war überlegt. Aber der Geist sollte ja gerade schweigen bei diesem Konzert, sich auflösen in Ekstase und Klang, obwohl Byrne von Drogen und Städten sang, von Büchern und Beamten, dem Glück, Arbeit zu haben und in diesem großen Land Amerika leben zu dürfen. Innerhalb von vier Jahren ging die Affi rmation zuschanden: Auf ihrer letzten Platte verabschiedeten sie die Zivilisation -am Ende gab es nichts als Blumen. (StudioCanal) ARNE WILLANDER

The Clash

Natürlich wüsste man gern, was Joe Strummer noch dazu zu sagen hätte. Danny Garcias 90-minütige Dokumentation „The Rise And Fall Of The Clash“ muss leider ohne den 2002 viel zu früh verstorbenen Sänger auskommen, versucht aber trotzdem, zu beantworten, wie es passieren konnte, dass sich eine so bahnbrechende Band innerhalb so kurzer Zeit selbst zersetzte. Waren es die Egos der Musiker, die Drogen, der böse Manager oder einfach die Energie des Punkrock, die nicht ewig halten konnte? So richtig viel schlauer ist man am Ende nicht, dafür widersprechen sich die Herrschaften zu sehr, aber gerade die vielen unterschiedlichen Zeitzeugen (inklusive Gitarrist Mick Jones und Manager Bernie Rhodes) werfen zumindest ein paar neue Lichter auf die Geschichte. Am Ende war es vielleicht doch einfach nur Überforderung – too much, too fast. Und im klassischen Kampf zwischen Naivität und Gier, Idealismus und Hedonismus gewann am Ende keiner. (UDR) BIRGIT FUSS

Mandoki

Als Leslie Mandoki 1975 aus dem kommunistischen Ungarn nach Deutschland flüchtete, um bei Dschinghis Khan mitzutanzen, machte er aus der Not eine Chance. Zwar fühlte sich Mandoki mehr dem Jazz zugehörig, es sollte sich aber herausstellen, dass er durch die Hitparaden-Gruppe (das dürfte das zeitgemäße Wort sein) enge Kontakte zu den großen Rock- und Pop-Bands dieser Zeit knüpfen konnte – darunter Mitglieder von Toto, Jethro Tull, Cream, Manfred Mann und Peter Maffay, um nur ein paar seiner Seelenbrüder zu nennen. Auf „BudaBest“ spielen diese Herren eine Auswahl ihrer bekanntesten Songs in braverer Version. „Sunshine Of Your Love“ mit Cream-Frontmann Jack Bruce am Bass wird mit Bläsern und Percussion zur Musical-Nummer aufgepumpt, und Totos „Rosanna“ klingt nun nach dem Schlager, der er insgeheim schon immer war. Die Soulmates, allen voran Mandoki, geben alles auf der Bühne, was für wunderbar kitschige Momente sorgt. Eine Prise Selbstironie hätte ihnen aber auch nicht geschadet. (Sony) BENJAMIN AGOSTINI

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