Traffic – John Barleycorn Must Die

Traffic war eine Band aus Individualisten. Das Line-Up war instabil, die interne Arbeitsteilung stets umkämpft. Standen für Dave Mason die Songs im Vordergrund, war es für Steve Winwood die Interpretation, während Chris Wood und Jim Capaldi versuchten, mehr Raum für Improvisation herauszuschinden. Erstaunlich, dass dem Quartett dennoch ein Dutzend brillanter Tracks glückte, vom zuckersüßen Popwunder „Hole In My Shoe“ bis zum mystisch-intensiven Ambient-Rock-Fanal „Roamitv Thru‘ The Gloamin‘ With Forty Thousand Headmen“. Entsprechend erratisch waren Traffic-LPs, die in meist eiligen Sessions gefertigt wurden, zwischen extra-curricularen Aktivitäten bei Airforce, Blind Faith, Family, Wooden Frog oder Solo-Projekten. „John Barleycorn Must Die“ bildet da keine Ausnahme, obwohl es das fraglos homogenste Traffic-Album ist.

Trotz widriger Umstände: Dave Mason hatte die Band mal eben wieder verlassen, Capaldi arbeitete mit Heavyjelly, Wood und Winwood spielten auf „Airforce“. Traffic lag im Koma, als sich Steve Winwood daran machte, eine Solo-LP aufzunehmen, unter der Ägide von Produzent Guy Stevens. Wood und Capaldi wurden hinzugezogen, der Producer entmachtet, und Stevies Alleingang mutierte Stück für Stück in eine Traffic-LP. Jiarleycorn “ enthält nur sechs lange Tracks, stilistisch angesiedelt zwischen robustem Folk-Rock, Blues-Akkorden, Jazz-Flirts und percussiven Elementen. Mit JEmpty Pages“ und „Stranger Tb Himself finden sich zwei der besseren Winwood/Capaldi-Kompositionen auf der Platte, wohingegen sich die Ursprünge des Titelsongs über die Gefahren des Alkohols zurückverfolgen lassen bis ins späte Mittelalter. Ein TraditionaL das sich seinerzeit im Repertoire so ziemlich jeder Folk-Formation fand. Traffic hielten sich weitgehend an Text und Melodie des Standards, addierten lediglich Rock-Gewicht und ein vokales Lethargo, das freilich fein passt Danach reiste man nach Marokko, um einen Soundtrack zu schreiben. Stattdessen verbrachte man die Tage „getting stoned and laying out in the sun all day“, wie sich Jim Capaldi erinnert. Man schrieb das Jahr 1970.

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