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Willanders WeltKolumne

„Ich übe diesen Sport nicht aus“: Wolfram Weimer spielt kein Golf?

Ein kleiner Versuch über das Amt des Staatsministers für Kultur – und die Frage, ob Wolfram Weimer Golf spielt.

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Seit ausgerechnet Gerhard Schröder 1999 das Amt des Kulturstaatsministers erfunden hat, kann man es uns nicht recht machen. Der Kulturstaatsminister ist das Deutscheste nach dem Verkehrsminister. Schröder hatte den Posten damals mit Michael Naumann besetzt, einem Mann, der Kultur ausstrahlte.

Naumann hatte einst das „ZEITmagazin“ gegründet und den Rowohlt-Verlag von New York aus geleitet, er hatte sehr zu Recht vor, Thomas Pynchon den Nobelpreis für Literatur zu verleihen. Er konnte das aber nicht allein entscheiden, und Pynchon bekam den Preis nicht.

Michael Naumann sah aus wie die Kultur selbst. Viele Jahre später sah ich ihn in einem Restaurant in Berlin beim Mittagessen. Er war Ruheständler, er faltete die Zeitung, nachdem er sie gelesen hatte, und trank einen Espresso. Vielleicht ist er anschließend noch ins Schokoladenmuseum gegenüber gegangen.

Was war so falsch an Monika Grütters?

Monika Grütters hatte doch Germanistik studiert und konnte gut sprechen. Außerdem hatte sie Autorität. Aber irgendwie nörgelten alle Schriftsteller, Filmschaffenden, Theaterleute, Musiker und Bühnenbildner an ihr herum. Grütters war an allem schuld. Bis Claudia Roth an allem schuld war. Documenta verkorkst, bei der Berlinale an der falschen Stelle geklatscht, und immer Stiftung Preußischer Kulturbesitz.

Vor allem war sie zu kurz und zu spät Managerin von Ton Steine Scherben. „Was hat sie eigentlich für das Amt qualifziert?“, fragte Markus Lanz neulich, und er beantwortete die Frage selbst: „Sie war Managerin dieser Band Rio Reiser, die ja gut war.“

Nun kommt Wolfram Weimer, der einst Chefredakteur der Zeitung „Welt“ und Gründer der Zeitschrift „Cicero“ war. Er ist ein „Medienunternehmer“ und lebt am Tegernsee. Das gespielte öffentliche Erstaunen hätte kaum größer sein können, wenn Dieter Bohlen berufen worden wäre. Man hatte Joe Chialo erwartet.

Wolfram Weiner ist verbindlich

Die Kulturschaffenden sind unzufrieden mit Weimer, bevor er sein Amt überhaupt angetreten hat. Sie fragen sich, was der Mann mit Kultur zu tun hat. Man weiß, dass er gern in die Oper geht. Vielleicht liest er auch gern Bücher, denn einige hat er selbst geschrieben. Vielleicht schaut er auch gern „Yellowstone“ wie Markus Söder. Vielleicht liebt er die Berliner Schaubühne.

Bei den nachgezählten 37 Auftritten in Fernseh-Talkshows seit 2019 war Weimer jedenfalls immer eloquent und verbindlich. Ein investigativer Reporter hat am Tegernsee nachgesehen, ob Wolfram Weimer in Rottach am Tegernsee Golf spielt. Uli Hoeneß wohnt am Tegernsee, und Friedrich Merz hat eine Wohnung in Gmund.

Würden Merz und Weimer am Tegernsee Golf spielen, wäre für manche bewiesen, was als Axiom von Wolfram Weimer gilt: der Untergang des Abendlandes. Diese Denkfigur ist beliebt unter Konservativen und Katholiken, sie wird immer mal wieder befeuert. Wie auch die Linksbewegten ihre Steckenpferde und Lieblingsthesen haben.

Weimer bestreitet aber, Golf zu spielen: „Ich übe diesen Sport nicht aus.“ Und außerdem soll ja nicht Bernhard Langer Kulturstaatsminister werden, ein gläubiger Katholik.


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Ich finde, dass das Debattenmagazin „Cicero“, das Wolfram Weimer 2004 mit dem Ringier-Verlag gegründet hat, eine sehr ordentliche Zeitschrift war und ist. Es ist Kultur darin. „Er weiß, wie man Cicero buchstabiert, aber nicht, was er gesagt hat“: Das ist einfach blöde Häme, die wir in der Kulturnation doch vermeiden wollen.

Nun lassen wir Wolfram Weimer mal machen. Vielleicht übt er Kultur aus.