Arne Willander schaut fern: Heitere Dispute mit dem „Literarischen Quartett“

„Das Literarische Quartett“ im ZDF mit Thea Dorn – und Eva Menasse, Mithu Sanyal und Jakob Augstein. Fast so schön wie einst bei der Urbesetzung mit Marcel Reich-Ranicki.

Der „frische Lesestoff zur Frankfurter Buchmesse“ ist ein Roman von Louis-Ferdinand Céline, den er auf seiner Flucht aus Paris nicht mitnahm und der erst jetzt veröffentlicht wurde. Jakob Augstein wünschte sich wohl die Vorstellung von „Krieg“, er hält Céline für den besten französischen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts. Die Kamera zeigt das Gesicht von Eva Menasse. Sie findet das nicht.

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Nun ist aber Krieg. Und Céline war ein notorischer Antisemit und Nazi-Kollaborateur. Deshalb schickt die Moderatorin Thea Dorn voraus, sie verteidige immer die Trennung von Autor und Werk, aber in diesem Fall und an diesem Abend sei es schwer. Jakob Augstein kann seine Meinung sehr plausibel begründen. Und Eva Menasse ihre Auffassung auch. Mithu Sanyal ist die unwahrscheinliche Verteidigerin Célines, indem sie Szenen mit Kriegsversehrten und einer sadistischen Krankenschwester als interessant bezeichnet.

Mal herrscht Einigkeit, mal wird’s garstig

Man ist sich einig bei Daniel Kehlmanns „Lichtspiel“, dem überhaupt von allen Menschen gefeierten Roman der Saison. Sogar der raubauzige Augstein muss zustimmen, dass es sich um ein fabelhaftes Sprachkunstwerk handelt.

Auch bei „Gittersee“ von Charlotte Gneuß, die den ZDF-Preis für den besten Debütroman bekommen hat, ist man sich einig. Einzig die Frage, ob eine im Westen und nach 1989 geborene Autorin die DDR im Jahr 1976 beschreiben darf, birgt diskursives Potenzial. Thea Dorn hat ja nur mal gefragt. Und Eva Menasse sagt, dass sie gar nicht darüber nachgedacht habe. Selbstverständlich dürfe man das.

>>> Hier geht’s zum Video der Folge des „Literarischen Quartetts“

Garstig wird Augstein bei dem Gespräch über „Vaters Meer“ von Deniz Utlu. Mithu Sanyal ist tief gerührt von der Schicksalserzählung eines Jungen mit Migrationsgeschichte, dessen Vater nach einem Schlaganfall dem Locked-in-Syndrom anheimfällt. Eva Menasse hält Utlu für begabt. Thea Dorn wendet ein, es seien zu viele blumige Orientalismen.


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Jakob Augstein hat sich aber notiert, was die Kritikerin Mara Delius beim Ingeborg-Bachmann-Preis über einen Text aus dem Buch sagte: „flach“. Woraufhin Sanyal sagt, dagegen habe sie Utlu schon bei ebendiesem Wettbewerb, wo auch sie zu den Juroren gehörte, verteidigt. Augstein stänkert, man habe dieses Buch doch nur lesen müssen, weil der Autor …

Fast so schön wie einst bei der Urbesetzung mit Marcel Reich-Ranicki, Sigrid Löffler und Hellmuth Karasek.

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