REGGAE & DUB :: von Matthias Münchow

Sehr cool die Brille auf dem Cover seines unbetitelten Debüt-Albums (Studio One). Ernst blickt er, mild oberlippenbärtig, völlige Ruhe ausstrahlend. John Wesley Lewis, der auf der Bühne und gelegentlich in der Kirche bekannt wurde als J.D. SMOOTHE, ist ein noch junger Sänger, geboren 1963 in Brooklyn, der aber schon seine 18 Jahre Sangeserfahrung hinter sich hat Inspiriert von Sam Cooke, Stevie Wonder, Aretha Franklin und Bob Marley, fließt seine anschmiegsame Stimme auf den rhythm trocks, bringt er, wie Norma J. Dodd es ausdrückte, „new identities to old Standards“. Und was für Standards das sind: Vbr einigen Monaten erschien er in Coxsones Studio in Brooklyn, sang ein oder zwei Songs, und Coxsone voll begeistert – kramte in seinem „Dub Basket“, suchte, fand und spielte eine Handvoll setner erfolgreichsten riddims, die er um 1970 aufgenommen hatte; Mikro an, roütope, roüund fertig war eine der besten Studio One-LPs der letzten Jahre. 4,0

Rhythmusperlen aus den Studio One-Archiven geben auch der Debüt-LP von GLEN WASHINGTON ihren speziellen Charme: „Guiding Start“, „I’m Just A Guy“, „Please Be True“, „Swing Easy“. „Brother To Brother“ (Studio One), bei dem J.D. Smoothe die Harmonien sang, gibt eine Vorstellung von seiner musikalischen Karriere: Luther Vandross, Otis Redding und Sam Cooke sind seine Vorbilder. Geboren in Jamaika, lebt er heute in New York. Als Sänger und als Trommler wirbelte er schon einigen Staub auf: 1976 (Coxsone meint allerdings 1978!) hatte er als Gene Washington mit „Rocker ‚NU‘ Cracker“ für Joe Gibbs einen Nummer 1-Hit in Jamaika, 1982 folgt dann „We’ve Got To Make It“. In den USA gehörte er auf Tourneen zu den Stammusikern von Stevie Wonder, in Kanada von Leroy Sibbles von den Heptones, später tourte er mit Shinehead. Freischaffend arbeitete er für Sister Carol, Percy Sledge und die Meditations als Trommler und Harmoniesänger. 4,0

LORD CREATOR (Kentrick Patrick) vorstellen zu wollen, wäre unter Jamaikanern fast schon ein Sakrileg: Schon in seiner Heimat Trinidad war er nicht eben irgendwer: „Evening News“ nahm er dort Ende der 50er Jahre auf. Später, nachdem er sich 1960 Coxsone Dodd angeschlossen hatte, wurde dieser Song ein solider Hit; die anderen drei jamaikanischen Versionen (Randy’s, Prince Buster, Bunny Lee) sind dagegen etwas mager ausgefallen. „Golden Love“ (Studio One) ist eine exzellente Sammlung von Ska-, Reggaeund Calypso-Hits aus den 60er und frühen 70er Jahren, darunter JEvening News“, „Rascal Boy“, „Everything Crash“ und „Bangarang“. Die CD enthält übrigens zwei Bonus-Stücke. 4,0

Zuletzt erschien von Lord Creator „I Don’t Stay Out Late“ (VP Rec), produziert von Randy Chin (wo bleibt eigentlich die Prince Buster-LP?). Sie enthält äußerst seltene Aufnahmen aus den 60er Jahren. 4,0

Singles von LEE PERRY aus den 70er Jahren auf LP oder CD wiederzu veröffentlichen, wird mit Sicherheit ein finanzielle Erfolg, da muß man nicht lange überlegen. Nach der gefeierten Perry-Box im letzten Jahr begeisterten sich auch bislang Uninitiierte für den Altmeister, der in der Schweiz den Müßggang pflegt Die Wiederveröffentlichungs- Politik verfolgt seit einiger Zeit auch das Label Pressure Sounds. Nach „Voodooism“ (schon von 1966) folgt nun ein göttliches Doppelalbum mit dem beknackten Titel „Produced And Directed By The Upsetter“: In guter Tonqualität – verglichen mit den Original-Singles – werden hier auf einer LP die A-Seiten, auf der anderen die Dubs oder Versions (B-Seiten) von zehn zum Teil sehr seltenen, fast verschütteten Klassikern aus den Jahren 1974 bis 1978 gereicht: Bevor man Atem holen kann, folgen auf King Burnett The Flames, The Heptones, The Silvertones, Junior Murvin, George Faith, The Meditations und andere – Roots-Songs und Skanks mit dem relaxten Backbeat aus Lee Perrys Zauberküche. Bei der Dub-Platte kriegt man sich dann gar nicht mehr ein vor Begeisterung, vor allem eingedenk dessen, daß die Stücke damals – wiewohl in Mono – nur auf nicht mehr als zwei 4-Spur-Tonbandmaschinen von TEAC gemischt wurden. 5,0

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