NEIL FINN – Try Whistling This

Zunächst gebührt Neil Finn an dieser Stelle noch einmal Anerkennung dafür, daß er Crowded House rechtzeitig zu den Akten legte. Das Gefühl für den richtigen Abgang ist ja nicht unbedingt weitverbreitet in diesem Geschäft. Nach „Together Ahme“ (1993) konnte in der Tat nicht mehr viel kommen. Höchstens noch mehr Ethno, noch mehr contemporary rock, noch mehr Selbstplagiat. Doch was bleibt zu tun, wenn man selbst die Band aufgelöst hat, die über Jahre Lebensmittelpunkt war? Kinder, Küche, keine Karriere? Wie wär’s mit Malen unter freiem Himmel? Erstmal den Kopf wieder freikriegen, jenseits von Verwertungszwängen. Bis es dann natürlich doch wieder klingelt im Kopf, ein paar Songs anklopfen: Hallo, ich will hier raus!

Fast verschämt präsentiert sich Finn jetzt als „Sinner“, den dünkt, daß seine hausgemachte Misere („Where’s my faith, is it lost?“) niemanden kümmert oder angeht. „These things I should keep to myself but I feel somehow strangely compelled.“ Indes: Schämen muß er sich nicht für „Try Whistling This“.

Wer schon im Titel den humorig verbrämten Abstand zum Crowded House-Oeuvre vermutet, liegt aber nur bedingt richtig. Was fehlt, ist der nette Nonsens à la „Weather With You“, der schwarze Humor einer „Chocolate Cake“, auch die launige „Taxman“-Referenz.

„Try Whistling This“ tönt nun ja, „erwachsen“, ohne gleich mit wohlfeilen Altersweisheiten ins Haus zu fallen. Das Gespür für die gute Melodie aber ist Finn nicht abhanden gekommen, nur greift sie meist nicht mehr so entschlossen und hymnisch Raum wie hier noch im drängenden Gefiihls-Gezeitenspiel des „King Tide“. Statt dessen: eine dezente Hinwendung zu Sounds und Grooves abseits experimenteller Eierschaukelei und angesagter Club-Spielereien. „Remove yourself from the past“, empfiehlt Neil Finn in „Dream Date“. Daß das leichter gesagt als getan ist, weiß er selbst am besten.

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