Cracker – Countrysides

Das hatten wir noch nicht, oder? Country als „method acting“. Als Ironic Mullets zogen Cracker letztens musizierend und bestens dokumentiert (auf dem 20-minütigen Bonus-Video) durch Redneck- und Biker-Bars im großen heartland, auf der Suche nach… ja, nach was eigentlich? Country vor dem Fall in Nashville? Selbst Rednecks sind ja heute nicht mehr das, was sie mal waren, wenn längst sogar Jason Ringenberg ein Bier mit ihnen trinken würde (nicht mit allen, okay). Weshalb es merkwürdig anmutet, nun von Cracker in der Studio-Nachlese Ray Wylie Hubbards Outlaw-Gassenhauer „Up Against The Wall Redneck Mothers“ serviert zu bekommen. Kracht aber gut.

Ohnehin funktioniert „Countrysides“ weniger als Album-Statement im Sinne eines „southwestern garage country against blood spangled banners“ (so die Band) denn als eher lose Blütensammlung im Sinne des Titels. Da ist auch Springsteens Tom-Joad-Geist mit einer schön angemexten Version der Ballade von den „Sinaloa Cowboys“ vertreten, während die klassische Rache-Kiste „Buenas Noches From A Lonely Room“ bei Urheber Dwight Yoakam doch etwas besser sitzt.

Manchmal scheinen David Lowery und Co. nicht genau zu wissen, wie amüsiert sie sich nun geben dürfen, sollen, müssen. Hank Jr.s „Family Tradition“ zeigt diese Ambivalenz, während sie Merles „The Bottle Let Me Down“ gleich entschlossen-besoffen unter den Tresen spielen. Kontrastprogramm folgt: „Reasons To Quit“, noch mal Haggard, lakonisch, würdevoll.

Und Cracker fördern ein Talent, wenn sie ihren sarkastischen Witz in ihm erkennen. Auch wenn es mit Country nichts am Hut hat. Chicago-Songwriter Ike Reilly, dessen Debüt „Salesmen And Racists“ (auf Republican) 2001 in den USA einiges Lob einheimste (und hier im Import hängenblieb), darf sich über eine fidele Version seines „Duty Free“ freuen, die aus dem Song den gar nicht so heimlichen Hit macht, der im Original so klar nicht zu erkennen war.

Schließlich: Die Virgin-Abrechnung „Ain’t Gonna Suck Itself“ im quietschigen Sir Douglas-Sound. File under: Was ich den Idioten von meiner Firma schon immer einmal sagen wollte, aber nicht traute zu sagen, als ich noch ihr Brot biss. Ist lustiger als „Mercury Poisoning“ von Graham Parker.

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