D-Funk – Funk, Disco & Boogie Grooves From Germany 1972 – 2002

Der gute Pop-Geschmack hat schon immer eine große Rolle beim kleinen Marina-Label gespielt. Seit 1993 veröffentlichen die Hamburger Musik für Liebhaber, von den reichen Gitarrenmelodien der Pearlfishers über die 2000er Hoffnungsträger Paulabis zur jüngsten Compilation-Reihe „The In-Kraut“. Artwork, Linernotes, Musik – hier ist alles vom Feinsten, wenn auch ab und zu mal etwas allzu geschmäcklerisch.

„D-Funk“ wildert nun im Revier des Münchner Labels Gomma, den Experten für Cosmic-Disco und allerlei Mutationen zwischen New Wave, Funk und Krautrock. Okay, einen Track wie „14 Tage“ von den Fehlfarben würde man auf einer Gomma-Compilation sicher nicht finden. Aber ein guter Mix muss nicht immer cool sein, und das Peter-Hein-lose Stück wurde 1982 von Glenn O’Brien, dem Musikrichter von Andy Warhols „Interview“, zu Recht als „teutonic Chic rip-off“ bezeichnet. Was natürlich als Kompliment gemeint war.

Ein weiteres tolles Wiederhören ist „Dispo Funk“ von Zatopek, wo sich 1983 ein junger Bremer namens Sven Regener an der Trompete seine ersten Berliner Sporen verdiente. Sehr wild, sehr New York und so ganz anders als Element Of Crime. Geradezu sensationell aktuell klingt Ganymeds „Future World“ von 1979 – sicherlich eine Quelle der Inspiration für die ganze junge Garde französischer Hipster, von Air bis Sebastien Tellier. Falco hat später eine Weile Bass für die Wiener Space-Disco Band gespielt.

Aber nicht alles auf „D-Funk“klingt so originell und außergewöhnlich. Der „Bolero 75“ von James Last ist einfach nur die bieder deutsche Aufbereitung des von Eumir Deodato entwickelten Orchester-Sounds – wir erinnern uns an den 1973er-Überraschungs-Hit „Also sprach Zarathustra“. Noch überflüssiger ist Stolen Propertys Version von „Low Rider“ von War. Man darf annehmen, dass allein die Tatsache, dass sich hinter dem Pseudonym der junge Giorgio Moroder verbirgt, für die Aufnahme auf „D-Funk“ gesorgt hat. Auch das Stück „Rampage“ (2002) von den Whitefield Brothers (einem Ableger der Poets Of Rhythm), hat dieses verdaddelte Rare-Groove-Rollen. Dieser inzwischen ungeheuer abgenutzte Jam-Stil ist allerdings so sehr Geschmackssache wie ein Gläschen Fernet Branca nach dem Essen. Ich mag beides nicht.

Richtig schön dreckig dagegen: Family 5 mit „Bring deinen Körper auf die Party“, ein charmanter Jimmy-Castor-Bunch-Rip-Off, zu dem Peter Hein einfällt: „Etwas anderes hast du nicht. Tanz dir den Arsch wund!“ Ja, ja, so war das damals. Frank Farians Boney M. dürfen bei diesem heiteren Gewackel natürlich auch nicht fehlen, „Dancing In The Streets“ ist verdammt funky.

Und zum Schluss das ganze große Highlight: „Stop Talking Bull“ von Discotizer und Supermax. Als Frankfurter durfte man Kurt Hauenstein, den Mann hinter dem Über-Track „Love Machine“, früher gelegentlich in seinem pinkfarbenen Cadillac bewundern. Hinter Discotizer stecken die lustigen Funk-Vögel von Fünf Sterne Deluxe. Das Ergebnis der Zusammenarbeit von 2002 ist ganz cooler Stoff, irgendwo zwischen Clinton und Bambaataa.

Auf das Marina-Label kann man sich also auch weiterhin ohne Bedenken verlassen.

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