Fujiya & Miyagi :: Ventriloquizzing

Eher halbherzige Nostalgie-Synthesizer-Sounds aus Brighton

Willkommen auf dem Spielplatz der Nerds! Dort, wo große Jungs die Süße der Erinnerung schmecken. Wenn schon die Welt böse ist – der Terror!, die Wirtschaft!, die Umwelt! -, dann muss wenigstens die eigene Musik freundlich und vertraut klingen. Früher waren Gitarren der Marken Gibson oder Gretsch der ultimative Fetisch, um ein angenehmes Wir-Gefühl zu erzeugen. Heute sind es Analog-Synthesizer und Keyboard-Antiquitäten, die einen an eine heiter unbeschwerte Jugendzeit in den Achtzigern erinnern. Das Quartett Fujiya & Miyagi, trotz des fernöstlichen Namens im sehr britischen Seebad Brighton daheim, schwärmt allerdings auch für Krautrock und den Knöpfchendreher Aphex Twin.

Das alles kann man auf dem dritten Album „Ventriloquizzing“ nachvollziehen. Merkwürdig ist nur, warum das alles so harmlos und lounge-kompatibel klingen muss. Stücke wie „Cat Got Your Tongue“ und „Taiwanese Boots“ imitieren das, was Fujiya & Miyagi für den Sound von Can halten: der nervöse Beat, der heisere Flüstergesang, die sonderbaren Sounds. Im Prinzip ist alles da. Doch es ist ein wenig so, als würde man zu Hause das Rezept eines Starkochs interpretieren – es schmeckt, aber drei Sterne würde der Michelin dafür bestimmt nicht springen lassen.

Was „Ventriloquizzing“ so halbherzig macht, ist die fehlende Hingabe der Musiker an den von ihnen idealisierten Sound. Der Funk will einfach nicht funken, statt irren Klängen hat man eher ein wenig melancholisch die späten Neunziger reproduziert – Stereolab, Air und die ein oder andere Too-Pure-Band werden zitiert, aber nie erreicht. Der Produzent des Albums, Thom Monahan, hat vorher bereits mit Au Revoir Simone zusammengearbeitet, was sehr gut ins Bild passt. Der liebliche Chorgesang des Mädchen-Trios wäre eine schöne Alternative zum ermüdenden, durchweg geflüsterten Gesang von David Best. Das Problem der Herren aus Brighton: Fujiya & Miyagi nehmen die eigene Plattensammlung zu wichtig und vertrauen ihren alten Göttern mehr als sich selbst. (Full Time Hobby/PIAS) Jürgen Ziemer

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