Ausstellungs-Tipp: „Give Love Back“. Nachtleben in Frankfurt am Main

Eine Ausstellung im Museum Angewandte Kunst (MAK) zeigt Frankfurt am Main als Metropole des modernen Nachlebens. Im Zentrum steht der Musikclub Robert Johnson am Mainufer.

Bereits seit geraumer Zeit wird in Deutschland aber auch international versucht, ein Gegenmodell zur allgegenwärtigen Berliner Kulturszene aufs Schild zu heben. Nicht nur in Leipzig oder in Estlands Hauptstadt Tallinn witterten Trendspürnasen ein „neues Berlin“. Auch die zyklisch wiederkehrenden Abgesänge auf die deutsche Party-und-Hipster-Hauptstadt, wie zuletzt in der „New York Times“ und der US-Ausgabe des ROLLING STONE, hauen in diese Kerbe.

Ein ganz und gar ungewöhnlicher Kandidat in dieser wohlfeilen (und zumeist sehr spaßigen) Metropolendebatte ist seit zwei, drei Jahren auch Frankfurt am Main. Das „Zeit Magazin“ widmete eine ganze Sonderausgabe zur Buchmesse dem sagenumwobenen Bahnhofsviertel, wo zwischen Fixerstuben, Dönerbuden und Striptease-Bars der popkulturelle Szenevirus grassiert. Der preisgekrönte Fotograf Juergen Teller, der die Sumpfblüten auf Elbe- oder Weserstraße für das Magazin ablichtete, verkündete gar pflichtschuldig, dass ihm die relaxten Frankfurter Verhältnisse weit angenehmer wären, als die Daueraufgeregtheit der Hauptstadt. Soweit, so gut. Und selbst wenn man diese „Städte-Barometer“ als diskursive Fingerübungen der Medienmeute abheften möchte, bleibt davon letztlich davon doch etwas hängen. Es lebe die selbst erfüllende Prophezeiung!

So geschehen am letzten Wochenende mit der Eröffnung der Ausstellung „Give Love Back“ im MAK am Frankfurter Museumsufer. Dort ging es zwar auch um die kuratorische Frage, „was angewandte Kunst heute sein kann“. Doch mit der Person Ata Macias als Kronzeuge und Protagonist durch den Museums-Parcour wären wir sofort wieder beim Nachtleben. Macias ist DJ, Produzent und Macher des Offenbacher Clubs Robert Johnson, wo der Bankerstadt seit gut 15 Jahren auf dem gegen überliegenden Mainufer gezeigt wird, welche segnungsvolle Wirkung die Popmusik, in diesem Falle die Elektronische, auf Stadtgefüge haben kann. Macias betreibt mittlerweile auch die Bar Plank im Bahnhofsviertel, gibt stilvolle Dinner und bringt die Bildende Künste mit der Designszene zusammen. Kurzum: Einer jener Macher, die im Gastrogeschäft eine kulturelle Mission sehen und auch erfüllen.

Das alles sollte man sich vergegenwärtigen, wenn man durch die MAK-Räume flaniert, wo etwa das „Johnson“ zerlegt als Reproduktion des Künstlers Michael Riedel in gestapelten Materialen zu bewundern ist. Riedel hatte den Club 2004 im Rahmen der Konzeptreihe „Clubbed Clubs“ umgekehrt, also mit Theke, DJ-Kanzel und Publikum an der Decke in den Räumen einer örtlichen Galerie nachempfunden. Es gibt die komplette Plakatedition des Künstlers Tobias Rehberger, die vom Vibe des Robert Johnson inspiriert wurde, Und natürlich auch in zentraler Position die obligatorischen Fotos in Schwarz-Weiß von enthemmten Partygästen. Was dann eher für Besucher aus der Region interessant ist – von wegen „Guck mal, wie der/die damals aussah!“ Zu oft hat man ansonsten diese Tanzflächen-Ekstase in Berlin, Köln, München oder anderswo im Kontext der Bildenden Kunst bereits gesehen. Die T-Shirts, Plakate, Flyer und Einrichtungs-Gegenstände (letztere hat Macias in den letzten Jahren entworfen) finden sich dann auch prompt in einem großen Shop, der bewusst Teil der Ausstellung ist. Ganz am Ende wird in der „Bibliothek des Erlesenen“ Edelschnaps gebrannt. Die Geschmackssinne können hier trainiert werden. Eine „Kuratorische Referenz“ über den Prozess von „Qualität und Selektion“.

Letztlich ist Give Love Break als Ort der Sinnlichkeit und Informationsvermittlung etwas zu verkopft geraten. Ein breiterer Überblick der Frankfurter Szene jenseits des Johnson-Kosmos hätte andere, möglichweise weit weniger Kunst-kompatible Ansätze an den Tag gebracht. Es ist begrüßenswert, dass sich ein Museum der „Gebrauchskunst“ aktuellen Popströmungen öffnet. Hier schmort man allerdings zu sehr im eigenen Saft. Frankfurt insgesamt, und das ist ein Verdienst dieser Ausstellung, bleibt auf der Landkarte.

Die Ausstellung im MAK ist zu sehen bis zum 11. Januar 2015

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