Cobains bescheidener letzter Song ergänzt eine recht armselige Best-Of-Parade von Nirvana

Dass Cobain – je nach Version – auf dem Weg zu einem Schuss oder einer Pizza war, hört man „You Know You’re Right“ an. Der Song beginnt verhalten und mit dem winselnden Gesang, der Cobains Songs oft charakterisiert, und geht dann über in wüstes Geheul und zerrenden Lärm und stupide Redundanz. Ein Rückschritt gegenüber den besseren Songs von „In Utero“ und erst recht gegenüber den elegischen Mediationen von „Unplugged In New York“.

Die aus 15 Stücken bestehende Sammlung mit dem verblüffend subtilen Todesanzeigen-Booklet (und immerhin einem Aufsatz von David Fricke, der „In Utero“ zu seinen Lieblingsplatten zählt) ist das absolute Minimum des Möglichen und eine Beleidigung für jeden Cobain-Verehrer. Der Wegwerf-Song „You Know You’re Right“ hätte als Ergänzung in ein Box-Set gehört, für das es ja zweifellos unzählige Raritäten, Outtakes, Alternativ-Fassungen gibt, die etwa die Genese von „Nevermind“ unter Butch Vigs Kontrolle begreiflich machen könnten und die gewollte Rückkehr zum Rohen mit Steve Albini bei „In Utero“. Die böse Witwe verhindert solche Forschungsarbeiten angeblich. Ihre Verweigerung ist ebenso albern wie das Gezeter von Dave Grohl und Krist Novoselic, die freilich etwas mehr Anteil an dem Erbe haben als die Nutznießerin Courtney Love.

Der Nirvana-Sarg ist so deprimierend, weil die Song-Auswahl offenkundig und geheimnislos ist – sogar die Reihenfolge auf den Original-Alben wird eingehalten. Vom Debüt bis „UnpluggedIn New York“ rauschen die Stücke vorüber, eine Nirvana-Jukebox von beträchtlicher Banalität, die eher Langeweile auslöst als neuerliches Staunen über Cobains Songschreibekunst. Natürlich haben die Wunderwerke „Lithium“ und „In Bloom“ ihre Simplizität, ihre Wucht, ihre Unwiderstehlichkeit behalten — aber abgründig zerquälte Songs wie „Pennyroyal Tea“ und insbesondere „Heart-Shaped Box“ darf man nicht aus ihrem morbiden, psychotischen Zusammenhang reißen. Dass Nirvana hier in irgendeinen Zusammenhang mit hedonistischen Rock-Sauriern wie Aerosmith und AC/DC zu bringen sei, ist ein betrüblicher Irrtum des stets integren David Fricke.

Wenn es sehr weihnachtet und wieder ein Jahr ins Land geht, wollen wir an Cobain denken: mit einer Packung Kippen, einem ordentlichen Schluck und Gott-weiß-was. Schrot nur in den Cerealien.

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