Damien Rice – ein Star, den keiner kennt

Seine monumentalen Liebeslieder betören Millionen, doch Damien Rice lässt sich vom weltweiten Erfolg nicht beeindrucken

„Ich kenne ‚Breaking Bad‘ nicht. Ich habe keinen Fernseher und keine Ahnung, was dieses ‚House‘ ist“

Momentan sieht er keinen Grund, warum das nächste Album nicht schon 2015 fertig werden sollte. Eine endlose Welttournee würde seinen Schreibfluss vielleicht stören, doch die zwei Dutzend Konzerte, die er zunächst geplant hat, inspirieren ihn eher. Früher stromerte er als Straßenmusiker durch Europa, und noch heute ist er „süchtig nach dem Reisen“. Plötzlich strahlt er übers ganze Gesicht, erzählt von schönen Abenden in Berlin und anderswo. „Ich glaube, es ist das Kind in mir – der kleine Forscher. Als Kind war ich ständig unten am Fluss und habe neue Fährten gesucht. Ich bin mit dem Hund raus und habe jedes Mal, wenn ich die Haustür hinter mir geschlossen habe, gehofft, etwas Neues zu entdecken. Ein Abenteuer zu erleben.“

Weltruhm gehört nicht zu den Abenteuern, die ihn besonders reizen. Damien Rice hat Millionen Alben verkauft, aber sein Gesicht ist kaum bekannt. Zwar singen sie bei „X Factor“ und anderen Castingshows gern seine Songs, aber damit will er nichts zu tun haben. Er spielt seinen Status lieber noch herunter: „Meine Musik ist, glaube ich, nicht so, dass sie heutzutage extrem erfolgreich sein könnte. So was gibt es in den Charts einfach nicht und im Radio auch nicht. Die Leute hören halt, was ihnen präsentiert wird, was ins Gesicht springt. Wenn man hungrig die Straße entlanggeht und an mehreren Starbucks und McDonald’s vorbeigeht – wer biegt dann noch in die kleine Gasse ein und sucht ein Öko-Café mit besonderen Spezialitäten, die vielleicht etwas teurer sind? Ein paar Leute, aber nicht so viele. Was ich sagen kann: Ich habe auch immer versucht, meine Musik so gut wie möglich zu beschützen. Ich gebe sie nicht für Werbung her, ich mache keine Fotoshootings für Magazine. Aber wenn einer bei ,X Factor‘ meine Lieder singen will, habe ich darauf keinen Einfluss.“

Atmosphärische Stücke als Serienfutter 

Ob bei „Dr. House“, „Grey’s Anatomy“ oder „ER“, bei „O.C., California“, „True Blood“ oder „Lost“: Fernsehserienmacher lieben Rice’ atmosphärische Stücke, die jede tragische Szene noch dramatischer machen. Nicht dass Rice das beeindrucken würde. Er zuckt mit den Schultern. „Ich war so beschäftigt, dass ich das zuerst gar nicht bemerkt habe. Meine Vorgaben an meinen Manager waren: Nichts Kommerzielles, keine Werbung. Wenn ein Song verwendet wird, dann geschmackvoll und für eine andere Kunstform – wie eben Film oder Fernsehen. Das ist dann passiert, ohne dass ich groß darauf geachtet hätte. Ich kenne ,Breaking Bad‘ nicht. Und ich habe keine Ahnung, was dieses ,House‘ ist!“ Rice besteht darauf, dass das keine Koketterie ist – er hat seit 20 Jahren kein Fernsehgerät mehr und schaltet es auch in Hotelzimmern selten an. „Die Welt finde ich viel interessanter. Ich bin gern draußen. Der Fernseher ist doch ein Apparat, der uns einredet, dass wir dieses Eis brauchen oder jenes Auto. Es gibt sicher gute Programme, aber mir bedeutet das alles nichts. Ich verbringe meine Tage lieber mit anderem Zeug – heute Morgen habe ich Aufnahme-Sessions organisiert, heute Abend werde ich Yoga machen.“

Sein Vorteil ist, dass er jederzeit unerkannt draußen herumlaufen kann, Rice selbst empfindet das als Segen. Er lebt sein Leben, und hin und wieder geht er auf eine Bühne und wundert sich, dass alle applaudieren – und diese Begeisterung ihm gilt. Damien Rice will sich nicht mit Security und Assistenten, mit Organisatoren und Köchen und anderem Personal umgeben, er will sich frei bewegen. Dass es dann manchmal zu skurrilen Begegnungen kommt, nimmt er gern in Kauf. „Ich werde ja nicht mal bei meinen eigenen Konzerten erkannt“, behauptet er und freut sich sichtlich darüber. „Ich stand mal im Publikum, als die Vorgruppe spielte, und einer klopfte mir auf die Schulter und fragte, ob ich diesen Damien Rice schon mal gesehen hätte. Ich fragte etwas verwirrt: ,Wie jetzt?‘ Er meinte: ,Na ja, warst du schon mal bei ihm im Konzert, ist der gut?‘ Ich sagte: ,Ja, ich war sogar bei ziemlich vielen Konzerten, meistens hat’s Spaß gemacht.‘ Ich brachte es nicht übers Herz, ihm zu sagen, wer ich bin! So was passiert mir häufiger.“

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