Das Licht strahlen lassen: The Jayhawks schwanken zwischen Euphorie und Bitterkeit

Wenn Innenwelten kollidieren, klammern wir uns gern an Äußerlichkeiten. Liebgewonnene, still geduldete Rituale müssen dann die Emotionen hinter einer Fassade der „Normalität“ im Zaume halten. „Supper will be at sixfifteen“, singt Mark Olson über dem eigentümlich verschleppten Garagen-Beat von „Anne Jane“. Und noch einmal, etwas emphatischer: „Supper will be at six-fifteen.“ Doch die schmerzliche Lakonie des Ausdrucks läßt keinen Zweifel daran, daß der Sensenmann das Regime in diesem trauten Heim übernommen hat.

Verlorene Unschuld auch in „Nothing Left To Borrow“, einem Schwanengesang auf die unduldsame Arroganz der Jugend, oder „See Hirn On The Streets“, das sich verzweifelt gegen die Geister wehrt, die man nicht rief, weil sie „auch unangenehme Erinnerungen zurückbringen“ (Gary Louris). Andererseits sind die Jayhawks auf ihrem neuen Album „Tomorrow The Green Grass“zu einer überschäumenden Euphorie fähig, die aus gestandenen Mitt-Dreißigern fickerige 17jährige werden läßt, die zur Anlage eilen, um beispielsweise „Real Light“ richtig laut zu drehen.

Also: „Take the past 9 years back from where they came?“ Nicht wirklich, denn Bitterkeit ist Louris und Olson, dem kreativen Nukleus des Quintetts aus Minnesota, fremd. Auch wenn sie im elften Bandjahr gerade mal das vierte Album promoten dürfen. Zwar schloß sie die US-Presse gleich nach dem 86er-Indie-Debüt „The Jayhawks“ als „die neuen Flying Burrito Brothers“ ins Herz.

Und der Nachfolger „Blue Earth“ befreite sie endgültig von mehr oder weniger lästigen Day-Jobs. Doch richtig ins Rollen kamen die Dinge für die Jayhawks erst, als George Drakoulias die Band unter die Fittiche von (damals noch Def) American nahm, nachdem er sie bei einem Gespräch nach Minneapolis als Hintergrundmusik per Telefon entdeckt hatte. Einen kleinen Rückschlag mußte die neue Partnerschaft allerdings durch den Zwist zwischen American und der alten Vertriebsfirma Phonogram hinnehmen. In der Rückschau denke ich schon, daß uns das geschadet hat“, sagt Louris. „Denn viel Geld, das eigentlich für das Marketing von „Hollywood Town Hall“ verwendet werden sollte, verschwand in anderen Kanälen.“

Im Zentrum stehen auch bei Gary Louris nach wie vor die Jayhawks, die schon morgen das grüne Gras leuchten sehen könnten. Oder wie ist der Album-Titel zu verstehen? „Ein hoffnungsvolles Statement, ja, aber ambivalent. Denn darin steckt ja auch, daß man im Moment nicht besonders glücklich ist. Es kann nur besser werden.“

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