Die Beach Boys: Der ultimative Album-Guide

Die Beach Boys sind Amerikas dienstälteste Band – mit Surf-Rock und Studio-Symphonien.

ROLLING STONE Badge
Empfehlungen der Redaktion

Die Beach Boys sind Amerikas legendärste Rock-’n‘-Roll-Saga – und eine der turbulentesten, mit einer verworrenen Familiengeschichte im Zentrum. Die Wilson-Brüder waren Jungs aus einem kalifornischen Vorort: Brian, das gequälte Popgenie, das die Harmonien in seinem Kopf hörte. Carl, der schüchterne Junge mit der himmlischen Stimme. Dennis, der wilde Schlagzeuger, der den von Brian besungenen Lebensstil mit Autos und Surfen lebte. Dazu kamen ihr Highschool-Freund Al Jardine und ein Cousin namens Mike Love, der stolz darauf war, für schlechte Stimmung zu sorgen.

Über 50 Jahre lang ritten sie auf der wilden Welle – manchmal stürzten sie, oft fanden sie Orte, die niemand sonst erreichen konnte. Ihre Hits sind nur der Anfang – ihr Repertoire ist voller zeitloser Klassiker, versteckter Perlen auf längst vergessenen Alben und verrückter Flops.

Beach Boys: Der Album-Guide

Must-Haves: „Today!“ (1965)

„Ich habe nur einmal versucht zu surfen, und das Brett hätte mich fast am Kopf getroffen“, erzählte Brian Wilson 1999 dem ROLLING STONE. Aber er verwandelte seine Fantasien in eine kalifornische Traumwelt mit schnellen Autos und coolen Wellen – eine Welt, in der vielleicht sogar Platz für einen heiligen Außenseiter wie ihn war. „Today!“ ist voller sehnsüchtig-komplexer Melodien wie ‚When I Grow Up (to Be a Man)‘ und ‚She Knows Me Too Well‘, das mit seinen Doo-Wop-Harmonien und Surf-Gitarren wie eine griechische Tragödie wirkt.

Unverzichtbar: ‚Pet Sounds‘ (1966)

Brian war von „Rubber Soul“ der Beatles überwältigt, und „Pet Sounds“ war seine Antwort darauf. Er bezahlte den Preis dafür, dass er ihre Erfolgsformel über Bord geworfen hatte, als „Pet Sounds“ floppte. Heute ist es eines der beliebtesten Alben der Welt (Platz zwei auf der Liste der 500 besten Alben des Rolling Stone). Dennoch ist es immer noch verblüffend anzuhören, voller fremdartiger klanglicher Details. Besonders „God Only Knows“, ein Song, den jeder gerne singen möchte, obwohl nur Engel oder Carl Wilson die hohen Töne erreichen können.

Amazon Music Placeholder
An dieser Stelle findest du Inhalte aus Amazon Music
Um mit Inhalten aus Sozialen Netzwerken zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir deine Zustimmung.

Anzeige: Jetzt kostenlos Amazon Music Unlimited testen.

Must-Haves: „Endless Summer“ (1974)

Ein ganzes Album voller „Fun, Fun, Fun“, ausgebreitet auf einer Doppel-Vinyl-Platte, die das Leben und den Tod des amerikanischen Traums porträtiert. „Endless Summer“ enthält alle frühen Hits – vom ausgelassenen „I Get Around“ bis zum melancholischen „In My Room“. Es endet vor „Pet Sounds“, bleibt aber dennoch ihre unverzichtbare Anthologie – schon allein deshalb, weil man sicher sein kann, nicht auf „Kokomo“ zu stoßen.

Must-Haves: „The Smile Sessions“ (2011)

Brian wollte an die monumentale Single „Good Vibrations“ von 1966 mit einer noch ambitionierteren „Teenage-Symphonie für Gott“ anknüpfen. Doch nach einem Zusammenbruch im Studio gab er das Projekt auf und vollendete es schließlich 2004 mit seiner Tournee-Band. Die Aufnahmen aus den ursprünglichen Sessions der 1960er Jahre wurden 2011 zusammengestellt. Sie klingen immer noch wie aus einer anderen Welt.

Zum Weiterhören: „Summer Days (and Summer Nights!!)“ (1965)

Die letzte Strandparty vor „Pet Sounds“. „California Girls“ war ein früher Vorgeschmack auf psychedelischen Sonnenschein und ein vokaler Höhepunkt für Mike Love, während Carl in „Girl Don’t Tell Me“ seine Stimme als Leadsänger fand.

Zum Weiterhören: „Wild Honey“ (1967)

Nach dem Scheitern des „Smile“-Projekts kehrten die Beach Boys zu ihren Wurzeln zurück und schufen ihr reinrassiges Rock-’n‘-Roll-Manifest. Keine Poesie, nur 24 Minuten Carl Wilson-Soul und Garagenband-Mania.

Zum Weiterhören: „Sunflower“ (1970)

Mittlerweile sind die Beach Boys erwachsen geworden und klingen auf „Sunflower“ rau und gefühlvoll – ihre optimistischste und mitreißendste Musik, die sie je gemacht haben, im sanften Soft-Rock-Stil. Dennis stiehlt mit „Slip On Through“ und „Forever“ die Show, während Love in „Add Some Music to Your Day“ richtig abhebt, einem Song, der eine kitschige Predigt hätte werden können, aber letztendlich doch berührt. Es ist ihr „Abbey Road“.

Zum Weiterhören: „Holland“ (1973)

Brian nennt „Holland“ als eines seiner Lieblingsalben, eine überraschende Wahl, da er hier wieder in eine Nebenrolle zurücktritt. „Holland“ ist ein chaotisches, aber lohnendes Experiment in Banddemokratie, voller quasi-progressiver Elemente. Der Neuzugang Blondie Chaplin singt „Sail On, Sailor“, ihren größten Hit der 70er Jahre. Die Band zog sich zum Aufnehmen in ein niederländisches Dorf zurück – daher der Titel –, doch das Exil in Europa inspirierte die heimweihgeprägte Schönheit von Mike und Al Jardines dreiteiligem „California Saga“.

Zum Weiterhören: „Love You“ (1977)

„Anfang der 70er Jahre lag ich im Bett“, gab Brian zu. Er verlor einen Großteil des Jahrzehnts damit, sich in seiner Villa in einem Drogenrausch zu verstecken. Aber er tauchte wieder auf für ‚Love You‘, eine Kuriosität, die von eingefleischten Brianistas geschätzt wird. ‚I Wanna Pick You Up‘ bleibt einer der schönsten Songs über Vaterschaft im Rock. Der unerwartete Höhepunkt ist ‚Johnny Carson‘, ein schmerzlich ehrliches Liedchen über einen einsamen Mann, der in seinem Zimmer spätabends fernsieht.

Zum Weiterhören: „Surfin‚ USA“ (1963)

Der Titelsong ist ihre Hymne an den Teenagergeist, der das Chuck-Berry-Riff aus „Sweet Little Sixteen“ aufpeppt. Trotz einiger zu vieler beiläufiger Surf-Instrumentalstücke glänzt die LP mit „Farmer’s Daughter“ und der Beach-Goth-Ballade „Lovely Sea“.

Zum Weiterhören: „Beach Boys‘ Party!“ (1965)

Capitol wollte rechtzeitig zu Weihnachten eine schnelle LP herausbringen, also zogen die Boys mit ein paar Freunden und Freundinnen und Bier in das Studio, um mit Akustikgitarren, Handklatschen, ausgelassenen Harmonien und einer Menge klirrender Flaschen eine Reihe von Coverversionen (hauptsächlich Oldies aus den Fünfzigern, dazu die Beatles und Dylan) aufzunehmen. Sie landeten sogar einen Hit damit: „Barbara Ann“.

Für echte Fans: „Smiley Smile“ (1967)

Wie verbrachten die Beach Boys den Summer of Love? Natürlich versteckt im Studio. „Smiley Smile“ (gedacht als abgespeckte Version von „Smile“) ist locker und schräg, nicht weit entfernt von Dylan und den Basement Tapes der Band. Einer der wenigen Gäste: Paul McCartney, der in „Vegetables“ Sellerie kaut.

Brian trat 1967 in einer Fernsehsendung von Leonard Bernstein auf, wo er allein an seinem Klavier saß und die Zuschauer mit seinem neuen Song „Surf’s Up“ verblüffte. Die epische Ballade (ursprünglich für „Smile“ aufgenommen) wurde erst Jahre später veröffentlicht, aber das Warten hatte sich gelohnt. Niemand hat jemals wirklich herausgefunden, worum es Van Dyke Parks in den abstrusen Texten geht, aber die Boys singen sie, als wäre jedes Wort wahr. Es ist der Höhepunkt eines traurigen Albums über das Erwachsenwerden.

Weitere Highlights