Die magische Stunde – Beim Reeperbahn-Festival nutzt Bon Iver die Gunst der Stunde

BON IVER Hamburg, Knust

Konkurrenz belebt das Geschäft? Das von Justin Vernon allemal. Es ist müßig, darüber zu spekulieren, wie gut besucht sein Deutschland-Debüt als Bon Iver im normalen Herbst-Konzertbetrieb gewesen wäre. Als letzter Freitagnacht-Act im Rahmen des Reeperbahn-Festivals durfte der burschikose Zauselkopf aus Wisconsin jedenfalls das überfüllte Knust bespielen, was er zunächst „fucking weird“ fand. Um dann die Gunst der Stunde, nun ja, fucking fantastic zu nutzen.

Sein Ein-Mann-Projekt belebt Vernon auf der Bühne mit drei Begleitern an Gitarre. Bass und Schlagzeug, die seine Falsett-Vorlagen mit kongenialen Harmoniegesängen untermalen, die selbst im Gospel-Zelt auf dem Jazz-Fest in New Orleans bestehen würden (ohne selbst Gospel zu sein). Schon beim leisen Intermezzo in „For Emma, Forever Ago“ hat Vernon die zwischen verzückt-mucksmäuschenstill und vorlaut-enthusiasmiert wogende Menge am Rand des Mitsingens; sie traut sich nur noch nicht recht ob der puren Schönheit des Gebotenen. Zwischendurch kann er aber auch ganz anders: „Creature Fear“ lässt Vernon in ein fulminantes Noise-Stakkato münden, und er verlässt dafür sogar mal seinen Hocker. Dann sitzt er wieder, für ein hyperzartes „Re: Stacks“. Junge Frauen schließen verzückt die Augen, gestandene Männer geben dem Druck ihrer Tränenkanäle nach. Schließlich singen alle doch noch gemeinsam, „what might have been lost“, das Mantra von „The Wolves“.

Dann gehen Justin Vernon die Songs aus, auch „For Emma, Forever Ago“ enthält ja nur ganze neun. „Play the set again!“, fordert jemand. Vernon lacht und spielt lieber zwei Cover-Versionen. Sarah Siskins „Lovin’s For Fools“ verwandelt er in ureigenen Bon Iver-Sound, „I Believe In You“ von Talk Talk darf der Schlagzeuger singen.

Zum Schluss verspricht er, wiederzukommen. Nach dieser magischen Stunde dürfte die Hütte dann auch ohne Festival-Laufkundschaft voll werden.

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