Fleischgewordene Filme

Hollywood“, erklärt Tito Larriva mit einem breiten Grinsen, sei nichts anderes als „eine überdimensionale Bushaltestelle. Du kannst bis in alle Ewigkeit vergeblich warten, aber manchmal hält auch einer an und nimmt dich mit.“

Seit er als „Tito & Tarantula“ im kultigen Trash-Movie „From Dusk Till Dawn“ (Regie: Roberto Rodriguez, PR: Quentin Tarantino) einen denkwürdigen Auftritt auf die Film-Bühnenbretter legte, sind die Chancen auf einen Bus-Stop zwar merklich gestiegen, doch Anfängerglück war es im seinem Falle trotzdem nicht – weder am Filmset noch im Tonstudio. Schon 1986 stand Larriva für David Byrnes Film/Album-Doublette „True Stories“ vor der Kamera, später auch für richtige Regisseure wie Cassavetes, Alex Rockwell und wieder Rodriguez – in dem hierzulande ignorierten Antonio Banderas-Vehikel „Desperado“. Larriva lieferte hierfür auch Songs und Soundtrack, ebenso wie für Alex Cox‘ „Repo Man“. Und nicht zuletzt stand er lange Jahre den Cruzados vor, die sich nach zwei Alben und einer Tournee mit INXS wg. Drogen und Erfolgslosigkeit sang- und klanglos auflösten.

Auch für den musikalischen Neuversuch „Tito & Tarantula“ sah es „From Dusk Till Dawn“ zum Trotz – lange nicht rosig aus. Ein fertiges Album schmorte über ein Jahr in der Soundtrack-Abteilung von Sony, bis es das Quintett um Larriva und Co-Autor Peter Astanoff (der mit 19 Lenzen in der Paul Butterfield-Band vor der „Rockpalast“-Kamera stand!) das Mastertape zurückkaufte. Man setzte auf Eigenregie, unterstützt vom Münchner (inzwischen in L.A. beheimateten) „Music-Land“-Studio-Crack Mack (Queen, Stones u.a.), der Soundtrack-Aufnahmen und weiteres Studiomaterial für das mittlerweile erschienene Album „Tarantism“ neu ausbalancierte. Musikalisch einem rudimentär rumpelnden Blues-Rock verpflichtet, hat Larriva auch textlich mit der romantisch-verklärten Sentimentalität der Latino-Gemeinde rein gar nichts am Hut. Zwar in Mexiko geboren, verschlug es ihn bereits als Kind nach Alaska. Die High School-Jahre verbrachte er in den USA, um dann wieder fünf Jahre in Mexico-City zu leben. „Ich habe dort verstanden, wo ich herkomme“, und doch sei er Amerikaner, „wie es ein Amerikaner nur sein kann“.

Trotzdem war es der spirituelle Landsmann Roberto Rodriguez, der ihn an die Hand nahm und sogar als Co-Produzent von „Tarantism“ die Finger im Spiel hatte. „Bei den Dreharbeiten stand er wild gestikulierend vor uns und dirigierte die Band. Für ihn passiert alles im Kopf. Er wußte immer, wo’s langging, auch wenn wir’s nicht wußten. Bei ihm macht’s Boom! Boom! Boom! Mit einem Filmregisseur an Musik zu arbeiten, ist schon ein Trip: Man merkt zwar, daß er völlig naiv und laienhaft an Musik herangeht, aber das macht ja gerade den Reiz aus.“ Anders als die professionellen Studio-Perfektionisten schaue sich ein heiliger Ignorant wie Rodriguez am Ende des Tages „immer nur die Sachen an, die gut gelaufen sind – alles andere juckt ihn überhaupt nicht“.

Ein Song mit dem Tarantinoträchtigen Titel „Killing Just For Fun“ beschließt das Album. Sollte Larriva die cineastischen Mordorgien inzwischen auch zum musikalischen Motto gemacht haben?

Er grinst verlegen: „Ehrlich gesagt, bin ich mir gar nicht sicher, ob die meisten Leute den verdrehten Humor dieser Filme nicht in den falschen Hals bekommen. Wenn’s um Gewalt geht, sehen eben viele schnell rot.“

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