Neunte Kunst

Frank Miller ist mit „Xerxes“ endlich wieder in Meister-Form

Nach „Daredevil“ und „Batman“ erzählt Frank Miller in der Graphic Novel „Xerxes“ von den Anfängen der Demokratie.

Ein Superheld sollte immer versuchen, zu den Guten zu gehören, und immer das tun, was er für gut und richtig hält. Spannend wird es dann, wenn sich der Superheld irrt.“ Solche Irrtümer sind Frank Millers Spezialität, ihm ist das Muster des erratischen Superhelden zu verdanken. Ganz egal, in welches Universum man bei ihm schaut – Millers Figuren sind immer auch gefallene und tragische Figuren. Gut und Böse, Erfolg und Misserfolg – stets verkörpern sie beides zugleich.

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Dieses ambivalente Bild von Licht und Schatten lässt sich auch auf seine Karriere übertragen. Während ihm sein Werk vor der Jahrtausendwende Ruhm und Ehre einbrachte, ist sein Schaffen seither entweder streitbar oder aber nicht einmal mehr das.

Seine einzigartige Karriere begann mit Marvels „Daredevil“. Innerhalb von zwei Jahren machte der amerikanische Zeichner aus dem Ladenhüter den Topseller des Verlags. Sofort begehrt, bekam er Mitte der Achtziger – noch keine 30 Jahre alt – die Verantwortung für die Batman-Saga, die am eigenen Ruhm zu ersticken drohte.

Ich war immer der Meinung, dass ein Superheld seine Daseinsberechtigung daraus bezieht, dass er von der Welt gebraucht wird

Weil er nicht älter als sein gezeichneter Held sein wollte, machte er in seinem legendären Album „Die Rückkehr des dunklen Ritters“ (das selbst Stephen King verehrt) aus dem ewig fehlerlosen Jüngling einen in die Jahre gekommenen, menschlichen Helden mit Ecken und Kanten, der sich in der Gegenwart ­seiner Leser behaupten musste.

„Wir schrieben damals das New York der 80er-Jahre, die Stadt erlebte ihre schlimmste Zeit. Ich war immer der Meinung, dass ein Superheld seine Daseinsberechtigung aus dem Umstand bezieht, dass er von der Welt gebraucht wird.“ Und dieses New York brauchte einen Helden.

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Solcherlei Anlässe gab es seither einige, bis heute kehrt er immer wieder in diesen Kosmos zurück, zuletzt 2015 mit „Batman. Die Übermenschen“. Der Hüter von Gotham City wird in diesem Jahr 80 Jahre alt.

Frank Miller immer noch begeistert von Batman

Beim Comicfestival im französischen Angoulême, wo der 62-Jährige Miller gerade für sein Lebenswerk ausgezeichnet wurde, schwärmte er noch einmal von der Figur. „In einer beängstigenden Welt ist Batman ein guter Typ. Batman macht die Arbeit, die sonst keiner tut. Er bringt Ordnung ins Chaos.“

Millers düsterer Batman ist stilprägend, auch für die Verfilmungen. Ob bei Tim Burtons oscarprämierter Adaption, Christopher Nolans Dark-Knight-Trilogie oder Zack Snyders „Batman v Super­man“ – stets ist der Fledermausmann ein von der Zeit gezeichneter Charakter, der in finsteren Zeiten eine eigene gesellschaftspolitische Agenda verfolgt, die er für richtig hält.

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Bei späteren Miller-Figuren wie Carl Seltz alias Nixon in dem apokalyptischen Kultcomic „Hard ­Boiled“, wie bei Marv oder Dwight McCarthy in seinem legendären L.A.-Epos „Sin City“ oder bei König Leo­nidas in „300“ verhält es sich ähnlich.

Vor 20 Jahren schuf der in New York lebende Zeichner seine wilde Version der Schlacht bei den Thermopylen. „300“ war von Anfang an umstritten, vor allem die eindimensionale Darstellung der Perser (auch in Zack Snyders Verfilmung reproduziert) wurde kritisiert.

Als 2011 sein Comic „­Holy Terror“ erschien, ein antiislamisches Machwerk voller Klischees , fühlten sich seine Kritiker bestätigt. Inzwischen räumt er ein, dass er das so nicht mehr zeichnen könnte.

Viele mediokre Comicalben

Danach wirkten seine Comics oft müde und uninspiriert. Er war mehr am Film interessiert, verfilmte 2005 mit Robert Rodriguez ziemlich erfolgreich „Sin City“ – um dann drei Jahre später mit „The Spirit“ ziemlich zu floppen. Seither war er mehr oder weniger erfolgreich in über ein Dutzend Filmprojekte involviert, ­weitere sind angekündigt.

Mit der Geschichte vom Aufstieg und Fall des Persischen Reiches ist er nun wieder ganz beim Comic angekommen. Souverän und bildgewaltig erzählt er in „Xerxes“ vom Kampf der Athener gegen die Perser: „König Dareios bietet uns großzügige Bedingungen, wenn wir uns der Herrschaft der Perser ergeben. Dennoch kämpfen wir, töten und sterben, nur für eine Idee.“

Mit dieser Erzählung von den Ursprüngen der Demokratie meldet er sich eindrucksvoll zurück. Noch in diesem Jahr soll sein „Superman. Year One“ erscheinen. Zudem gibt es Gerüchte, er werde „Sin City“ fortsetzen. Einem Frank Miller in dieser Form traut man alles zu.

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