GRONEMEYER – KÖLN, SPORTHALLE

Eines sollte sich jeder Kritiker überlegen, und zwar vorher: Großstadt, Sporthalle, deutscher Rocker, ausverkauft. Das ist also klar. Und ein bißchen langweilig, dies zu bespötteln. Also: Bierbecher, T-Shirts von sämtlichen Tourneen des deutschen Tonsetzers seit 1984, zum Teil schon ziemlich mitgenommen – wie aber auch die Antlitze der versammelten Gemeinde. La ola! Ganz nach vorne! Erwartet wird, bitteschön, wie im Stammrestaurant: einmal wie immer!

Aber es ist alles anders geblieben: Statt Tom Petty, den Grönemeyer sonst gerne vor seinen Auftritten vom Band singen ließ, hören wir heute elektronische Musik. Neben der Bühne, wie ein Grenzposten exponiert, ein DJ mit Brille. Offenbar Hans Nieswandt von Whirlpool, dem der Zuverdienst zu gönnen ist, der aber auch schon mal weniger absurde Auftritte absolvieren durfte. Er bückt sich nach einer neuen Schallplatte, taucht ab – und ebenso die Masse, die bei „Club“ eher an ADAC, Robinson oder Fußball denken als an 2 x Technics mit Sahne.

DJ ab, Rock an. Doch kein Hit, um die leicht Irritierten zu beruhigen. Sondern die B-Seite der ersten Single. Verhaltene Begeisterung, die doch so gern Euphorie werden möchte, und zwar schnell! Das „Oleole“ eher ein Pfeifen im Wald – die neuen Songs muß Grönemeyer, dem sonst Fischerchorartig die Massen beistehen, überwiegend allein singen. Um sich das leisten zu können, feuert der Sanges-Sollst dann doch schnell ein paar Songs aus dem Evangelium „Bochum „ab. „Männer“, „Alkohol“ und die „Flugzeuge im Bauch“ – na also, es geht doch!

Dann aber wieder Ratlosigkeit, Grönemeyer waghalsig, bloß am Keyboard Knöpfe drückend und Drum & Bass-Standards besingend. BAP -T-Shirt-Träger ziehen kopfschüttelnd zum Ausschank. Zum Glück redet Grönemeyer auch; das wenigstens kann man fast verstehen. Als Kölner zumindest, denn diesem Menschenschlag hat der Neu-Berliner lange genug aufs Maul geschaut. Dialekt, etwas Fußballgerede, dann fängt er Gummibärchen aus dem Publikum (ganze Armeen, wie er einst forderte) mit dem Mund auf- tosend raunt die Südkurve, Heimspiel fortan.

Herbert Grönemeyer hat sich modern gewandet, seine Band verzichtet wohltuend oft auf marternde Soli, mehr ging nicht. Immerhin: Das Denkmal atmet noch.

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