Interview: Borja Catanesi, der „Best Street Musician In The World“, über die Magie der Straße

Borja Catanesi wurde zum „besten Straßenmusiker der Welt“ gekürt. Über die Person, die auch während Corona Menschen zum Tanzen bringt.

Im Sommer verwandeln sich die Straßen vieler Städte in Hochöfen. Die Sonne brennt auf den Asphalt und die Gitarrensaiten. Hitzewellen schieben sich durch die Gassen. Autos hupen, Hunde keifen, Reifen quietschen. Fußgänger laufen wie von einer unsichtbaren Schnur gezogen aneinander vorbei. Im Winter sind es Schnee oder schneidender Wind, der sie von einem Ort zum anderen treibt.

Doch wenn dieser junge Musiker unter freiem Himmel spielt, halten sie alle inne, ob in Mumbai, Hamburg oder Los Angeles, im Sommer oder im Winter: Borja Catanesi aus Valencia.

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Meistens tanzt er, während er jammt, und begleitet sich selbst via Loop Station. Das Netz ist voll mit Videos von Menschen und sogar Hunden, die auf den Straßen rund um Borja auf seine Rhythmen reagieren, mit ihm singen oder tanzen.

Straßenmusiker*innen wie Borja beleben ganz Europa. Borja ist durch Live-Gigs berühmt geworden und könnte vielleicht sogar Hallen füllen. Doch er will die Straßen nicht verlassen. Was treibt ihn an, was ist die Magie vom „Busking”, dem Spielen unter freiem Himmel? Wir sprachen mit ihm per Zoom in Holland, wo er gerade weilt.

Interview mit Borja Catanesi

ROLLING STONE: Auf YouTube kennt man Dich ja, Du hast hunderttausende Aufrufe, Deine Videos gehen viral. Kannst Du uns trotzdem kurz erzählen, wer Du bist? 

Borja Catanesi: Ich bin Borja, 26 Jahre alt, Reisender, Gitarrist, Street Performer. Ich mag es, meine Musik mit Menschen zu teilen und währenddessen neue Orte zu entdecken. Dabei interagiere ich mit den Leuten und den Straßen, dokumentiere das alles und lade es auf Social Media, um den guten Vibe zu teilen.

Borja mischt gerne lateinamerikanische Elemente mit Funk und Rock’n’Roll. Das zieht die Menschen weltweit an.

Wie lange machst Du das schon?

Meine „Karriere“ hat angefangen, als ich an der Metro-Station in Valencia feststellte, dass es eine Steckdose gibt, in die ich meinen Amplifier einstecken kann (lacht). 2015 gewann ich dann einen Straßenmusik-Wettbewerb und durfte nach Neuseeland reisen, dort andere Straßenmusiker*innen kennenlernen. Es hat mich inspiriert. Ich habe dann angefangen, das auch zu machen. Erst mit einer kleinen Band, dann alleine.

Warum Straßenmusik? 

Straßenmusik, Busking, lässt Dich frei fühlen, Du kannst spielen, wann immer Du willst. Niemand beurteilt Dich. Nicht alle kennen Dich oder erwarten etwas Bestimmtes.

Die Straße ist ein Lebensgefühl. Manchmal von 0 auf 200 Menschen in zehn Minuten. Und alles tanzt

Und Du lebst davon?

Ja. Sogar jetzt. Ich fing mit kleinen Gigs an, in Spanien, Italien, Deutschland. Es lief gut, ich stellte fest: Okay, das reicht, um zu leben. Für mich ist es sehr wichtig, frei zu sein und das zu tun, was ich tun will. Die Straßenmusik gibt mir das. Ich fühlte mich wie der Boss meines eigenen Lebens. Das hält mich im Hier und Jetzt.

Alles, was Borja braucht, um seinen Job auf der Straße ausüben zu können.

Reagieren die Menschen immer gleich, egal ob in Indien oder Deutschland?

Tatsächlich ja. Auch, wenn der kulturelle Unterschied sehr groß ist, wie eben in Indien. Ich war letztes Jahr dort. Es ist interessant, die Leute zu sehen, die zuerst vorbeigehen und sich denken: „Was machst Du hier, mitten auf dem Gehweg?“ – Die Motorräder fahren Dich fast um, hupen Dich an. Ich weiß nicht, ich mag es, mich mit diesen seltsamen Situationen zu konfrontieren. Einzigartige Dinge, die nicht so alltäglich sind. Und im Endeffekt werden sie richtig cool. Zum Beispiel, als plötzlich ein indischer heiliger Mann, „Baba“ oder „Sadu“, mit mir tanzte. Als wäre das ganz normal.

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Ich brauche keine 5000 Leute, um mich verwirklicht zu fühlen

Warum spielst Du noch auf Straßen und nicht längst auf den Bühnen der Welt? Also, wenn nicht gerade Corona es verhindert.

Die Leute sagen mir immer, „Du könntest noch berühmter werden und auf Bühnen gehen“. Aber ich liebe es, unter freiem Himmel zu spielen. Ich persönlich brauche keine 5000 Leute, um mich verwirklicht zu fühlen. Über meine Videos erreiche ich Tausende von Menschen. Ich mag es, die eigentliche Power auf die Straße zu bringen. Das ist ein Lebensgefühl: Manchmal von 0 auf 200 Menschen in zehn Minuten. Und alles tanzt.

Welches Genre spielst Du?

Funk, Blues, Rock und Reggae. Reggae hat ein cooles Timing, Blues die Melodien und Rock’n’Roll das Feeling. Funk bringt den Rhythmus in die Musik. Man kann zum Beispiel Rock auf eine funkige Art und Weise spielen, ihn grooviger machen.

Auf vielen Videos hast Du unterschiedliche Gitarren. Mit welcher von ihnen spielst Du am liebsten?

Ich liebe sie alle, aber am meisten meine Fender Select Stratocaster. Sie ist cool.

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Im Lockdown ist die Straße der einzige Ort, wo man noch live Musik machen kann

Wie ändert sich das Leben eines Straßenmusikers im Lockdown?

Was das Busking angeht: keine Geschäfte, keine Leute, alles geschlossen. Es ist ein großer Unterschied zu früher. Vor allem in den letzten vier Monaten. Die Leute sind nicht in den Zentren. Ich spiele irgendwie nur noch in Parks. Die Straße ist der einzige Ort, wo man jetzt noch Live-Musik machen kann.

2018 hast Du einen großen Street-Artist-Wettbewerb in L.A. gewonnen. Du kamst von 1000 Bewerber*innen in die Endrunde und hast Dich gegen deine beiden Gegner vor der Jury geschlagen. Dein Titel lautete dann „Best Street Musician In The World“. Hat Dich das verändert?

Für mich waren schon die Anreise und der Auftritt wie eine Auszeichnung. In dem Moment war mir gar nicht bewusst, was passiert. Erst als ich nach Spanien zurückkam, wurde mir klar, wie groß das ist. Viele Leute erkannten mich, ich war in den Nachrichten, im Fernsehen und so weiter. Das war ein großer Schub und er motiviert mich bis heute.

Was sind Deine kommenden Pläne, wenn sie wieder möglich sind?

Im Moment bleibe ich noch hier in Holland. Aber ich möchte eine Reise nach Südamerika oder Indonesien machen. Vielleicht nächstes Jahr. Wird sich alles zeigen.

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