Leap: Power-Schönling im Rippunterhemd

Londoner Neo Grunge Emo Indie Pop Rock auf kleiner Deutschland-Reise. Ein Musterbeispiel für ein sich lebensfrohes Hockackern auf kleinen Clubbühnen.

Auch in Zeiten von sagenumwobenen Musik-Karrieren via TikTok und anderen Social-Media-Kanälen gibt es einen Weg zu Rampenlicht und Fame, an dem sich seit den Reeperbahn-Anfängen der Beatles nichts Wesentliches geändert hat: Sich hoch powern in kleinen Clubs, eine gute Abfahrt liefern auch vor 17 zahlenden Gästen.

Wie so etwas nach über sechs Jahrzehnten „Karrierestart on the Road“ wirkt, lässt sich auch in 2020ern vielerorts und immer wieder neu besichtigen. Etwa beim „Bergfest“ des Berliner Radiosenders Flux FM, der in seinem Privatclub „Fluxbau“ während der Sommermonate heimischen und internationalen Talenten eine Live-Plattform bietet; nebst Studio-Talk über den Sender.

Am Mittwochabend (28. Juni) etwa präsentierte nicht nur die Jeunesse Dorée der Hauptstadt ihre neuesten Sommer-Fummel. Während die „beautiful people“ (wie es später von der Bühne hieß) auf dem angedockten Schwimm-Element auf der Spree ihre Cocktails schlürfen, ackert sich die Londonder Grunge-Emo-Indie-Pop-Rock-Band Leap voran. Ein Kracher-Programm mit knuffigen Power-Tracks wie „Exit Signs“ „Show Me The Way You Love“ oder „Energies“. Letzterer Song darf dabei durchaus als Motto der Band verstanden werden.

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Gerade der wuschelhaarige Sänger Jack Balfour Scott, der in seiner britischen Heimat gerne mal mit dem altmodischen Singer-Songwriter-Wort Troubadour gelabelt wird, verkörpert diese, auf dem Weg nach oben benötigte, Energie. Bereits nach den ersten Songs fallen die Hüllen, und im Doppelripp-Unterhemd legt der Mann den Blick auf seine Oberam-Tattoos frei. Auch die Kollegen, die sichtlich begeistert sind nach Auftritten in Köln und Düsseldorf nun auch die Hauptstadt rocken zu können, freuen sich. So kommt es unweigerlich, dass im Laufe ihrer Show sich immer mehr „beautiful people“ von Open-Air-Cocktailtheke lösen. Hinein ins Pogo-Getümmel, das nach schmachtendem Emo-Beginn bald vor der Bühne losbricht.

Leap erfinden das Rad des Rock’n’Roll natürlich nicht neu. Wie viele Mitt- bis Endzwanziger auch bestreiten sie ihr Programm als abenteuerlichen Stilmix. Hauptsache, es kachelt kräftig.

Der weltläufige Bandleader (aufgewachsen zwischen Edinburgh und Kapstadt) schaut aus wie 22, ist aber bereits 27. Seine urigen Kollegen tragen Sauerkraut-Minipli oder Hansa-Rostock-1992-Schnauzbärte. Die Begeisterung in „fucking Berlin“ auf die Instrumente einzudreschen und zwischendurch eine Bierflasche nach der anderen auf der Bühne zu leeren, ist deutlich zu spüren.

Hooks und Refrains sind auf Live-Wirkung gezimmert. Das mag an der Songwriter-Ausbildung von Jack Balfour Scott liegen. Doch die Art der Kommunikation mit dem Publikum (direkt und durchaus zum Mitgrooven anspornend) lässt sich schwer im Auditorium der Musikakademie in Brighton per Excel-Tabelle erlernen.

Nach drei Deutschland-Gastspielen lässt sich simpel konstatierten: Leap haben es mit ihrer überschwänglichen Art drauf; auch ein (noch) weitgehend neutrales Publikum mitzureißen.

Es ist sicher nicht vermessen, der Band zu prophezeien, dass man sie in ein, zwei Jahren auf deutlichen größeren Bühnen sehen wird. Egal ob mit oder ohne Cocktail-Schwenker im Publikum.

Ein dynamisches Remmi Demmi zum Sundowner an der Oberbaumbrücke.

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