Paul Weller – Berlin, Großer Sendesaal des SFB

Das Vorprogramm war drollig. Bernd Begemann, Hamburger Schüler und ewiger Bubi, sang treuherzige Schlager ohne Reim, dafür mit Botschaft: Bitte liebt mich. Die Frauen fielen drauf rein. Linkisch und sensibel, das verfangt ja immer. Dazu Poesie aus der Beziehungskiste, kokettes Stottern, adrette Frisur: ein Selbstläufer beim schwachen Geschlecht.

Paul Weller ist auf Psycho-Tricks nicht angewiesen, sein Auftritt gerät zu einer Demonstration der Stärke. Die schöpft beim Modfather aus der beruhigenden Gewissheit, sich den Platz im Pantheon des Pop nicht erschlichen zu haben. Ein body of work, das seinesgleichen sucht und nicht findet unter der Generation Punk, Elvis Costello ausgenommen. Weller kann es sich leisten, die gloriosen Jahre mit The Jam in einem einzigen Song zu streifen: „That’s Entertainment“, im ausverkauften Saal tosend applaudiert. Requests nach Style Council-Material quittiert er mit nachsichtigem Schmunzeln. The Capuccino Kid ist bloß noch blasse Erinnerung, Weller pfeift auf den Faktor Nostalgie.

„Out Of The Sinking“ aus dem Bestseller „Stanley Road“ eröffnet den Songreigen: „Far from the madness/ Out of the sadness… You know I feel it/ I know you feel it too.“ Stupend, welche Präsenz der Mann versammelt, von der ersten Sekunde an. Sitzend, umgeben von einem halben Dutzend Gitarren, akustische Guilds und Gibsons, und eine elektrische, die indes nur selten zum Einsatz kommt. Als Picker mehr als passabel, als Vokalist so souverän und offensiv wie nie, wühlt sich Weller in jeden Song. „Wild Wood“ verzaubert zur Zwölfsaitigen, das neuere „Back In The Fire“ klingt wie etliche andere Tunes heute abend intensiver und dringlicher als auf Platte, und „There Is No Drinking After You’re Dead“ nimmt gar manische Züge an, erinnert an Roy Harper vor 30 Jahren. Grandios. Am Ende, nach der letzten Zugabe, reckt Weller den Arm und ballt die Faust. Eine liebenswert anachronistische Geste von einem, den die Launen des Zeitgeistes längst langweilen. Dadrock? Proud to be dad.

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