Ani DiFranco – Reprieve
Eine neue Lieferung von Ani DiFranco. der Arbeitswütigen, der niemals Ruhenden und rastlos Kreativen. Schön! Man hat diese Lieder gern zu Hause, auch wenn man den Überblick längst verloren hat über die Alben und Kollaborationen, über den Folk und den Jazz und das Kleine und das Große. Aber wer das alles immer genau verpackt haben will, der handelt dem Geist der Künstlerin zuwider, die sich ja nicht einfangen lassen will und mit ihren zwei Dutzend Righteous Babes in Buffalo und London immer zu neuen Ufern aufbricht. „Reprieve“ begann in New Orleans, bis das Wasser kam und DiFranco, die sonst vor keinem Sturm flüchtet, Stadt und Studio verlassen musste. Zusammen mit Stammbassisten Todd Sickafoose erweiterte sie dort die schlichten Solo-Aufnahmen um das wenige lnstrumentarium, das zur Hand war. Ein bisschen Percussion, ein Rhodes Piano, ein Bass, ein alter Synthie, hier und da elektrische Einwürfe. „Reprieve“ ist eines der besten Alben von Ani DiFranco. weil es voller intensiver, hypnotisierter, tief eindringlicher und natürlich politisch engagierter folk tunes ist, in denen doch all die Erfahrungen der letzten Jahre stecken. Der Jazz-informierte Opener „Hypnoticed“ („I wasn’t no picnic/ I wasn’t no prize/ But I had enough sweetness/To keep you hypnotized“), das beschwörende „Decree“, das selbstverloren spukige „Millenium Theater“, all das ist classic DiFranco – anno 2006. Auch herausragend: die beat poetry des Titelstücks, ein spärlich vertontes Rezitat, das das lyrische Vermögen DiFrancos beeindruckend unterstreicht. Aber auch alles andere kann man nennen, weil jeder Track sein eigenes Moment hat und von irgendwo nach irgendwo geht und uns mitnimmt. Ich gebe zu: Ich wusste nicht mehr, wie gut diese Frau sein kann.