Calexico – Feast Of Wire :: City Slang

Schöne Platte wieder das vorab. Angereichert mit Ambitionen indes, die oft jenseits apollinischen Wohlklangs liegen und mehr sein wollen als fantastische Soundscapes. Keine Bange, Fans. Die Wüste lebt noch. „Close Behind“ etwa ist classic Calexico: John Convertino lässt die Besen schrubben, Joey Burns das Akkordeon schunkeln, eine Pedal Steel heult, Morricone-Streicher dräuen, Mariachi malen einen glühenden Sonnenuntergang und die Dramaturgie des kaum dreiminütigen Instrumentals stapelt hoch wie zehn nackte Gringos.

Glorios, wie gehabt. „Pepito“ ist ähnlich konsensuell und konsequenzlos angelegt „Stucco“ ist 20 Sekunden Klangmodulation durch Knöpfchendrehen, „Dub Latina“ ist ebendas, „Crumble“ jazzt so träge wie tanzbar, „Attack El Robot! Attack!“ bringt TripHop-Jazz nach Arizona, „Whipping The Horse’s Eye“ ist eine schmale, schmucke Elegie aus Steel und Cello, „No Doze“ ein knisternder Epilog aus silberheller Steel Guitar, rostigem Schnarren und düsterem Dröhnen.

Nichts von Bedeutung, für sich genommen. Und dennoch keine natural born fillers. Im Kontext des Albums gewinnen sie an Gewicht, obwohl oder gerade weil die wenigen Songs sämtlich ein tragfahiges Soundgerüst brauchen. Nein, große Songwriter werden sie nicht mehr, die Sympathen John & Joey. So meisterhaft sie Klanglandschaften entwerfen und Stimmungen zaubern, so holzschnittartig und holprig sind ihre Worte und Melodien. Barometer nur oder Vehikel für Botschaften, hier: Sozialkritik mit Lokalkolorit. Das allnächtliche Drama an der Grenze Mexikos. Träume und Tragik, der Yankee Dollar und tote Kinder im Fluss. Im Schlüsselsong „Across The Wire“ weckt Alberto vor dem Morgengrauen unsanft den Bruder. Ein besseres Leben winkt hinter dem Drahtzaun. Jobs „from those with so much and no show of heart/ You’d think it’d be crazy to ask for a small part“.

„Deportee“ it ain’t, es kann ja auch nicht jeder Woody Guthrie sein. Anderswo gelingt die Symbiose zwischen Musik und Message besser, weil letztere weniger konkret ist. Im bedrohlichen, von flirrenden Violinen getragenen „Black Heart“ zum Beispiel und im noch dunkleren „Woven Birds“, wo es nur so wimmelt vor Furcht, Hass, Schatten und Wracks. Oder im ominösen „Not Even Stevie Nicks“, wo die Fleetwood Mac-Diva zur „priestess with secret powers“ mutiert. Nun ja, man muss das Album eben als Gesamtkunstwerk hören und wirken lassen. Wie die Musik von Moondog oder Monlc Beinahe.

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