Die Regeln des Terrors :: Der Mann, der niemals lebte – Ridley Scott – Start 20. November
Der etwas übergewichtige Mann sitzt entspannt im Garten seiner Villa. Es ist Nacht, er trägt einen Bademantel, isst Cornflakes und telefoniert über ein Headset. Als seine Frau erscheint und besorgt fragt, ob er nicht bald ins Bett kommen wolle, erklärt er beruhigend: „Ich rette die Zivilisation, Schatz.“
Die Zivilisation, von der Ed Hoffman (Russell Crowe) hier spricht, ist die ‚westliche Welt als technisch hochgerüstete „Idylle“ aus Computern und Cruise Missiles. Bei ihm zu Hause laufen Nachrichten über den Krieg im Irak auf dem Flachbildfernseher, währender im Badezimmer seiner kleinen Tochter die Hände wäscht. Und in der CIA-Zentrale sieht er auf einem riesigen Satellitenmonitor dem Einsatz von Kampfhubschraubern live zu, als wäre es großes Kino. „Die Welt da draußen ist sehr.
sehr gefährlich“, raunt Hoffman belehrend in sein Headset und setzt seinen Sohn wohlbehalten vor der Schule ab.
Die Welt da draußen, das ist der Nahe Osten, wo Hoffman den Undercover-Agenten Roger Ferris (Leonardo DiCaprio) per Handy dirigiert. Unter der grellen Wüstensonne, zwischen staubigen Ruinen und in vermüllten Flüchtlingslagern muss jener Kontakte knüpfen, Feinde liquidieren, Kollaborateure rekrutieren und Informationen beschaffen, ohne die Hoffman in seinem High-Tech-Kokon aufgeschmissen wäre. Mit Hilfe des jordanischen Geheimdienstchefs will erden Terroristen Al-Saleem aufspüren, der mehrere Bombenanschläge in europäischen Großstädten verübt hat. Er fingiert dafür ein Täuschungsmanöver, das außer Kontrolle gerät, Unschuldigen das Leben kostet und ihn schließlich selbst bedroht.
Die Story ist nur leidlich spannend und etwas unübersichtlich nach den klassischen Plots des Spionage-Thrillers konstruiert, worin Di Caprio den typischen moralischen Helden zwischen den Fronten spielt. Seine wachsende Verzweiflung und Zweifel an Mord und Folter, die vor allem durch seine Gefühle zu einer iranischen Krankenschwester entstehen, sind wohlfeil, ja fast langweilig. Viel fesselnder und wichtiger ist ohnehin Hoffman, den Crowe vorzüglich als zynischen Bürokraten verkörpert.
Brillant ist zudem mal wieder Ridley Scotts Optik und Montage der Bilder, mit denen er eine sarkastische Atmosphäre schafft, die nicht die Achse des Bösen aufhebt, den vermeintlichen Kampf der Kulturen auf allen Seiten aber als Machtspiel kalter Krieger entlarvt.