Einstürzende Neubauten – Perpetuum Mobile
Wie aber sagte der alte, der grüblerische Andreas Gryphius: „Ich will die sahen rühren, und augen-klar die Angst der herben Welt ausführen.“ Welcome to the machine. Willkommen im „Perpetuum Mobile“. Denn die Welt ächzte und drehte sich, bis sie in die Hände der Einstürzenden Neubauten gefallen war. Und siehe, es gefiel ihr gut.
Vielleicht, weil die Einstürzenden Neubauten schon immer Barock waren – delirierendes Schwelgen bereits im schwindsüchtigen Grollen der frühen Tage, als sie als Apokalyptiker noch den Untergang trommelten. Nach dem Ausbleiben von Gottes gerechtem Zorn scharrten sie sich dann eben um so lieber um die reich gedeckten Festtafeln, um ihre Epigramme über die verröchelnde Zeit unseres Hieniedenseins zu schnitzen. Alles ist eitel. Wer die Pest überlebt hat, redet gern von der Cholera. Blixa Bargeld hat dafür wieder die schweren Worte aus dem Setzbaukasten geklaubt, Pleonasmen, Oxymora. „Kohlrabenschwarz ist farbenfroh“, verheißt er in „Ich gehe jetzt“, „ich treibe Inzest mit den Sternen“, meint er bescheiden im „Selbstportrait mit Kater“.
Puh, Poesie. Wo die Worte einen ducken machen. Weil: Die Einstürzenden Neubauten, das ist der brennende Dornbusch als aufgeplusterter deutscher Weihnachtsbaum. Weniger Versuchung als die andachtsduselnde Besoffenheit an der eigenen Bedeutsamkeit. Als Lyrik wäre das tatsächlich nicht mehr als ein Achselzucken wert, wenn beim neuen Album der Neubauten nicht wieder die Musik wäre. Ein über sich selbst weitgehend aufgeklärter Industrial-Soul, mit der genau richtig dosierten Portion an Schwulst, die das Pathos braucht, und dabei doch immer ausgenüchterter Kraftraum. Haut, Knochen und Sehnen. Funktionsmusik, die Bargelds Texte unerbittlich zu Funktionslyrik niederzwingt, der man gar nicht mehr genau zuhört. Die Worte zerschmirgelt zum Sound, nurmehr ein dunkles Raunen, das dann wirklich überall verstanden wird; im Ausland (wo die Neubauten ja auch goutiert werden) vielleicht als ein besonders exquisites Beispiel des deutschen Grüblertunis. Jedenfalls gesichertes Kulturgut. Wie Goethe, Schiller. Wie Pur.
Nur wollen die Einstürzenden Neubauten natürlich noch viel mehr. Sie wollen sein wie die Beatles, sie wollen sein wie die Stones. Beweise? Von ersteren haben sie sich ein taumelndes Streicherarrangement entlehnt, die zweiteren werden gleich im Cover von „Perpetuum Mobile“ zitiert, das man doch als Paraphrase von deren Schichttorte von „Let It Bleed“ sehen muss.
Dann also auch noch Größenwahn. Das ist nun wirklich toll, in all seinen Wortsinnen.