Goldfrapp :: Black Cherry

Dramaqueen statt Waldfee: Alison entdeckt den kalten Glanz der Stadt

Vergiss wärmende Geysire. Vergiss endlose Flächen, vergiss überfrostete Zauberwälder. Das war Goldfrapps Debüt „Felt Mountain“, mit seinen betörend fließenden Lulle-Liedern und versponnenen Elektrokanten.

Auf „Black Cherry“ nun gibt es keine gewisperten Zartlieder über weinende Pferde mehr. Goldfrapp sind zurück in der Stadt. In einem düsteren Studio in Bath haben sie ihr zweites Album aufgenommen, so einem mit surrenden Neonröhren, und nach angeschmutztem Glamour, nach leicht heruntergewirtschaftetem, kalten Glanz klingt auch das Album. Keine Wälder, keine Bergseen. Nur ein Wandkalender mit Bäumen drauf.

Wohin „Black Cherry“ zielen würde, deutete sich bereits an, wenn Goldfrapp auf vergangenen Konzerten als Zugabe den Seventies-Hit „Physical“ darboten. Zwischen den hübschen, leicht überkandidelten Disconummern wie „Strict Machine“ gibt Alison Goldfrapp nun eine ausgezeichnete Dramaqueen. Holla, die Waldfee! Sie zirpt zwischen summenden und schnurrenden, mitunter auch mal fauchenden Synthies, singt maliziös zu perlendem Blubbern, haucht zu verspieltem Senso-Computerdideldum und brilliert vor allem in der rotsamtenen Softindustrial-Nummer „Tiptoe“.

Mit dem elektrischen Äquivalent zu pinkfarbenen Fingernägeln, die über eine Schiefertafel ratschen, lässt Alison wie beim Vorgänger-Album Schauer über den Rücken laufen. Aber obwohl „Black Cherry“ durch seine Komplexität und Bandbreite beeindruckt, ist es weniger greifbar, berührt es weniger – womöglich, weil seine scheinbare Zufällig- und Beliebigkeit mitunter zu kalkuliert wirkt. Wie ein perfekt verschmierter Lippenstift.

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