Graeme Downes – Hammers And Anvils
Es gibt Songwriter, die schreiben im Prinzip immer wieder dieselben zwei Songs. Weil sie das besonders gut können, sieht man ihnen die mangelnde Flexibilität gerne nach. Und es gibt Songwriter, die schreiben viele verschiedene Songs. Wenn sie das gut können, wird der Vorwurf der Beliebigkeit kaum aufkommen. Graeme Downes gehörte schon in seiner Zeit mit den Verlaines zur zweiten Kategorie und war damit Anfang der 90er vorübergehend sogar ein Thema für die US-Industrie: Die Slash-Alben „Ready To Fly“ und „Way Out Where“ präsentierten die Neuseeländer immerhin auf dem kreativen Zenit.
Exakt 20 Jahre nach der Gründung der Band – und etwa vier nach dem unvermeidlichen Ende – wartet Downes nun mit seinem Solo-Debüt auf. „Hammers And Anvils“ ist kraft Sampling & Sequencing (Schlagwerk etc.) zwar ein Kind digitaler Technologie geworden. Aber eins, das lacht und weint und überhaupt verdammt lebendig ist. Und das nicht nur, weil Downes die Gitarren nach wie vor von Hand bedient. Stilistisch bleibt er sich insofern treu, als hier wieder verdammt viel geht. Pop mit Pep („Alright Witli Me“, „Day Of The Dead“), Rock ohne Posen („Cattle, Cars And Chainsaws“, „Rock’n’Roll Hero“), Swing ohne Patina („Cole Porter“, January Song“), ein Mann am Klavier („Mastercontrol“), unklassifizierbare Songwriter-Delikatessen wie „Shoreleave“, „Song For A Hollywood Road Movie“, „Gucci“ und der klare, stoische Titelsong, mit dem Downes nicht nur stimmlich an die besseren Zeiten eines Joe Jackson erinnert.
Und wer wissen möchte, wie surreal es sich anfühlen kann, vom Totenbett des Schwiegervaters zum sonntäglichen Freizeitkick zu wechseln, bekommt mit „Sunday Kickaround“ zumindest eine Ahnung davon. Graeme Downes hat übrigens einen Doktortitel und unterrichtet an der Otago University in Dunedin, wo man neuerdings auch einen Rock-Abschluss machen kann. Gibt vermutlich auch jenseits von Neuseeland nicht allzuviele Dozenten, die nicht nur klug daherreden, sondern gleich problemlos auch ihr aktuelles Album zum Seminar-Gegenstand machen können. „Also, es gibt Songwriter, die schreiben…“