Gruff Rhys :: Hotel Shampoo

Überbordender Pop vom fantasievollen Zeremonienmeister

Gruff Rhys ist der Freund der Künstler. Sparklehorse, Gorillaz, De La Soul, Mogwai, Danger Mouse – viele ließen sich in den letzten Jahren zu Kollaborationen bitten oder luden ihrerseits ein. Rhys bringt die Aura des Freien Kreativen mit sich und ist einer, der aus dem Nichts ein Kunstwerk erschaffen kann. Gerade läuft eine Ausstellung mit Shampooflaschen und Einwegbadekappen, die der Waliser auf seinen Tourneen hat mitgehen lassen und nun offenbar zu einem Miniaturhotel zusammengebaut hat. Sein drittes Solowerk heißt „Hotel Shampoo“, doch ein Soundtrack zur Installation der Hygieneartikel ist die Platte nicht.

Vielmehr hat Rhys einfach neue Lieder zusammengestellt, die im Großen und Ganzen das letzte Werk, „Candylion“, weiterführen. Im Alleingang verzichtet Rhys auf den ambitionierten Prog-Pomp der Super Furry Animals und arrangiert stattdessen liebenswürdigen 70s-Pop, Softrock und Westcoast. Freilich ist „Hotel Shampoo“ nichtsdestotrotz eine ausgeflippte und überbordende Platte – die Synthesizer blubbern und flirren, die Melodien entspringen dem fantasievollen Indie-Gehirn. Der Höhepunkt ist gleich das erste Lied, „Shark Ridden Waters“, ein lässig swingender französischer Pop. Finger schnipsen, Cocktails schlürfen, einen Film von Godard ansehen: So kultiviert ist Gruff Rhys. Das folgende „Honey All Over“ evoziert ELO oder ganz generell den psychedelischen Pop der frühen Siebziger. Dann ein Lied mit Mariachi-Bläsern, dann eines mit Samples und Northern Soul – das ganze Album ist voll mit guter Musik, Rhys der Zeremonienmeister des guten Geschmacks.

Eigentlich, lässt der Künstler wissen, habe er ein Album mit Pianoballaden machen wollen – das hört man Liedern wie „Take A Sentence“ noch an, weil die Akkordfolgen wonnig und sentimental sind. Doch dann ist die Freie Kreativität mit Rhys durchgegangen, und es wurde eine vollständige, äußerst lebendige und nicht mehr balladeske Platte. Ist doch gut so! (Run/Pias) Jörn Schlüter

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