Joan As Police Woman :: The Deep Field

Sexy Understatement-Soul: Joan Wassers eingängigstes Album

Joan Wasser: große Violinistin, größere Sängerin, Trägerin schulterfreier Hosenanzüge, Post-Post-Post-Feministin, Geliebte Jeff Buckleys, als einzige Frau nacheinander in Antony Hegartys und Rufus Wainwrights Band (und in der von Lloyd Cole). Sollte sie irgendwo im New-York-Leftfield-Indie-Kontext mal beharrlich fehlen, muss dort etwas faul sein. Wenn man gegen ihre zwei bisherigen Platten überhaupt etwas sagen kann, dann höchstens: Ab und zu haben ihre Songs schon mal, ausgehend vom guten Klavierspiel und vom Erbe aller langhaarigen, liebenden Pop-Dichterinnen à la Joni Mitchell, die Grenze zwischen Eigensinn und Gefälligkeit überschritten, die eh immer durchlässiger wird.

„The Deep Field“ kommt auch mit kosmischem Kozept und hoher Gewissenhaftigkeit (siehe YouTube-Trailer) – dabei ist dies Joan As Police Womans körperlichste, schamanischste, dann auch gleich noch eingängigste Platte. Das kribblige Siebziger-Style-Soulalbum, das Schlagzeilenfrauen wie Amy Winehouse oder Duffy nicht hinkriegen.

Die Stevie-Wonder- oder Al-Green-typischen Kammerbläser, Unterstützer-Chöre und E-Piano-Riffs bringen Joan Wasser nämlich keineswegs davon ab, ihren brüchigen, mittelgut gelaunten Sitz-Songwriter-Gesangsstil durchzuziehen. Jemand hat mal geschrieben, ihre Stimme schmiege sich um Lieder herum wie eine Katze, die eben vom Sonnenstrahl geweckt wird – hier wirkt das Tier so zerzaust, aus dem Bett gekrochen und nach Nacht duftend wie nie zuvor. In „Human Condition“ zum Beispiel, wo sie erstklassig erschöpft durch Bass, Händeklatschen, Hammondorgel und das gutturale Raunen von Gastsängers Joseph Arthur hindurchwispert, oder in „Chemmie“, einem Ohrwurm, lasziv-lakonisch.

Wir gehen mal davon aus, dass auch die Texte in brillanten Bildern überaus komplexe Partnerschaftsprobleme ausloten – aber das Beste an „The Deep Field“ ist, wie unglaublich erotisch und einlullend es klingen kann, wenn eine Band mit Brooklyn-Kunst-Attitude solche Schwärmermusik spielt, Leute, die dem Format gegenüber leicht misstrauisch sind. Understatement-Soul, sehr gut, sehr sexy. (PIAS)

Joachim Hentschel

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