JohnHammond Vanguard

Gevatter Ur-Blues war schwarz, machte Ende der Fifties einen Trip nach England und kam von dort weiß und langhaarig zurück, weshalb ihn die schwarzen Brüder kaum wiedererkannten. Weiße Amerikaner die dem Blues frönten, gab es ja nicht So geht die Legende, der wie oft ein Fünkchen Wahrheit innewohnt, die sich bei näherem Hinsehen indes als arge Übertreibung entpuppt oder als arglistige Täuschung, je nachdem, wo man musikphilosophisch steht.

Wahr ist dass es weißen Blues in den Staaten gab, noch bevor die Stones den Atlantik überquerten. Allerdings, auch das ist wahr, spielte er sich vornehmlich in Folk-Clubs ab, bei Campus-Festivals und Hootenanny-Trefls, in miesen, kleinen Spelunken. Und auf Schallplatten, deren Gesamtauflagen auf der Pritsche eines Vans Platz fänden. Dave Van Ronk, Spider John Koemer, Eric Von Schmidt hießen die selten besungenen Künstler, die den Stab in den frühen Sixties weiterreichten an John Fahey, Geoff Muldaur und John Hammond.

Anders als die lärmenden Blues-Rebellen aus London waren die weißen US-Bluesmänner unbeleckt vom urbanen, elektrifizierten Blues. Chicago war weit. Ihr Metier war der Country Blues, akustisch, 100 Jahre alt und mit existenziellen Problemen befrachtet. Waren die Spirituals aufs Jenseits ausgerichtet, ging es im Country Blues um die finalen Dinge, den Tod. John Hammond war noch keine 20 Jahre alt, als er 1963 seine erste LP für Vanguard aufnahm. Als Sohn des großen John Hammond Jr. (Jazz-Koryphäe, Mäzen, Biüie Holiday-Produzent und Bob-Dylan-Mentor) war es für John Hammond III, so sein voller Name, leicht, ein Label zu finden.

Privilegiert, befucht gebildet jung, weiß – wie soll so einer glaubhaft den Naturalismus und Determinismus des Country Blues vermitteln, einer Musik, die aus schierer Hoffnungslosigkeit geboren wurde? Nun, er tat es. Indem er Robertjohnson coverte, Arthur „Big Boy“ Crudup, Furry Lewis, Lightnin‘ Hopkins, Son House, Robert Pete Williams. So eindringlich und wissend, dass die Kritik sich verbeugte und Konzertgänger tosenden Beifall spendeten. John Hammond“ ist ein Reissue zur rechten Zeit in Anbetracht der an anderer Stelle im Heft rezensierten aktuellen LP. Fünf exzellente Bonus-Tracks, Outtakes wie Live-Mitschnitte sowie lesenswerte Linernotes adeln eine Edition, die nicht nur Blues-Aficionados empfohlen sei.

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