Paul Weller – Illumination: Der Alte rockt passioniert und sentimental mit seinen Schülern :: EPIC/SONY

Nennt ihn Trunkenbold, nennt ihn Knödelpapst, nennt ihn Dad Rock, nennt ihn den Paten des Britpop, nennt ihn, wie ihr wollt. Für uns ist er durchs Feuer gelatscht, für uns hat er seine verschwiemelte Gitarre durch den wilden Wald gehauen, hat die Thatcher niedergerungen, Dee C. Lee und Mick Talbot überlebt, Rhythm & Blues, Deep Soul, Acid House, Folk und Blues-Rock ausprobiert, dem Spott getrotzt, die schwere Seele ausgekotzt und gesoffen, denn es gibt kein Trinken mehr, wenn du tot bist. Auf, „Days Of Speed“ klampfte er noch einmal die alten Stücke, und es waren Tage des Himmels.

Jetzt ist Paul Weller – der Sensibilist, der Berserker – endgültig in seiner spiritualistischen, seiner jenseitigen, seiner Hippie-Phase angelangt, und statt Stahllunge hören wir in „Who Bringsjoy“ Süßholzgeraspel und Steve Cradocks klassische Gitarre, die schönste Ballade also seit Wellers „“Loveless“. Wir hören Streicher in „“Now The Night Is Here“, wir hören in „“Going Places“ noch einmal den gesamten Weller, einmal „“Going Underground“, „“Bull Rush“ und „“The Changingman“ und zurück, heiße Sommer, zerbrochene Lieben, die Euphorie des Anfangs und das immerwährende Weller-Bravado. Wir hören allerhand Bläser, das irre, fernöstlich gezirpte Instrumental „“Spring (At Last)“, den angeberischen, breitbeinigen R&B von „“Call Me No. 5“ mit Reibeisen Kelly Jones und den für Weller natürlich ganz typischen Kitsch von „“Standing Out In The Universe“, und vielleicht ist der Alte ja wirklich abgedreht und nicht mehr zurückzuholen. Warum auch?

Und dann hören wir „“One X One“, immer wieder, Noel Gallagher stoisch an Schlagzeug und Percussion und Gern Archer an der Akustischen, Weller mit einem Gitarrensolo wie 1968, das Piano klimpert, der Background-Chor jubiliert: ein Schwelgen, ein Sehnen, soviel Unverstand und Hingabe und Liebe bei den lässigsten Profis Englands. „“Share your dreams/ Like electric lights in a ballroom scene.“ Ein Jam nur – und das bewegendste Stück aller Beteiligten seit Jahren. Und singt Paul in „“All Good Books“ nicht vom Zimmermann aus Nazareth?

Nennt ihn den elektrischen Reiter.

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