PHISH :: Hambburg, Markthalle

Oben, hinter dem Mischpult, im kleine Richtmikrophonwald, kommt Bewegung auf, als das Saallicht erlischt und – umbrandet von mildem Jubel – ein paar Ballone in die schneidendstickige Luft aufsteigen. Noch einmal werden die rot flackernden Pegel der Aufnahmegeräte gecheckt, später kreisen Pfeifen – und die gefurchtete Disziplin „Ausdruckstanz“ feiert fröhliche Urständ. Zuvor, im Foyer, war ein T-Shirt aufgefallen mit der unglaublichen Aufschrift: „Take your brother by the hand, try to help hün widerstand.“ Phish sind also in der Stadt, und mit ihnen wieder kleine Heerscharen mitreisender US-Jung-Hippies in bedenklicher Garderobe, die keinen Ton ihrer unscheinbaren Lieblinge verpassen wollen. Was man nach diesen beinahe drei Stunden Stil-Wundertüte sogar fast verstehen kann. Das Quartett um Leitlamm Trey Anastasio, der seine Gitarre so warm „singen“ läßt, wie das bisher nur Allman Brother Dickey Betts konnte, ist keine Band im eigentlichen Sinne. Vielmehr ein Medium, durch das Musik fließt wie ein endloser Datenstrom durch eine ISDN-Leitung.

Country, Blues, Funk, Jazz, Westcoast-Rock, Comedian Harmonists: Phish sitzen in der Hohen Schule des ebenso kunstvollen wie leichthändigen Gniedelns zwischen allen Stühlen und stürzen dennoch bei ihrem improvisationsfreudigen Drahtseilakt nur selten einmal ab. Ihr aktuelles Oeuvre „Billy Breathes“ ignorieren sie dabei fast komplett, mit der coolen Souveränität einer Band, die mehr ab doppelt so viele Songs in petto hat wie bisher auf den sieben Alben Platz fanden. Und zwischendurch drehen sie mal eben „The End“ durch den Wolf. Auf eine Dramaturgie können Phish verzichten. Was den Vorteil hat, daß man für ein Bier vor die Tür gehen kann, ohne den Anschluß zu verpassen.

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