PORTISHEAD :: HAMBURG, STADTPARK

Eben weinte noch der Himmel, doch nun klappen wir den Regenschirm zu, und die Tindersticks (für die Rolle des „Anheizers“ nicht gerade prädestiniert) betreten die Parkbühne. Ein wenig indisponiert diesmal, so im Hellen und Offenen, der Sound versumpft, Staples‘ Genuschel verklingt kläglich. Jism“, ihr bester Song, ist als zweites Stück verschenkt. Aber dann – mit „Bathtime“, „Another Night In“, „Don’t Look Down“ und „A Night In“ erfüllen die Tindersticks immerhin die Erwartungen. Ihre Salonmusik ist zwischen den Bäumen nicht daheim, sie braucht die Enge des Boudoirs, die Bequemlichkeit des Sofas, den Schein der Funzel.

Beth Gibbons stöckelt auf die Bühne, wie immer schlank in Schwarz, aber: „Ick habe too much drunk.“ Halb Kräuterhexe, halb Vamp, klammert sie sich in der Dämmerung um das Mikrophon, während hinter den Musikern Universen explodieren, Sterne leuchten, Blumen blühen und Kreise kreiseln. Und die Scheinwerfer schaffen bald eine gespenstische Atmosphäre, in der die einzigartige Musik von Portishead in überirdische Dimensionen transzendiert Denn die Musiker agieren perfekt, und Gibbons bannt das Publikum in einen eisigen, feurigen Zauber. Die beängstigende Automatik dieser Melancholiemaschinerie wird immer wieder konterkariert von langen Passagen eines Pink Floyd-artig schwebenden Gitarrenklangs, der das menschliche Antlitz dieser Symphonie der Traurigkeit bildet. Und es ward nicht Kitsch, sondern Erschütterung. Levitation possible.

Beth Gibbons kokettiert mit der Trunkenheit, sie stolpert auf den Rasen, läßt sich Zigaretten reichen und anzünden. Es ist das Bild einer Frau nahe der Auflösung. Doch ist das Elend nicht individuell, sondern elementar. „Nobody loves me, it’s true/ Not like you do“: „Sour Times“, Gibbons maunzt und zetert und wimmert Schließlich „Roads“: Die Scheinwerfer drehen aufs finstere Auditorium und strahlen schmerzlich in Blau und Rot. Gibbons‘ entrückte Stimme kündet von der Hoffnungslosigkeit, aber tröstlicher klang niemals etwas. Daß Beth Gibbons am Ende zwischen den Menschen untergeht, wirkt wie die letztmögliche Geste im Universum: „Give me a reason to love you.“

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