Rock Around The Clock – The Record That Started The Rock Revolution!
„Rock Around The Clock – The Record That Started The Rock Revolution!“ von Jim Dawson ist intelligenter und informierter, als der reißerische und überdies falsche Titel suggeriert. Natürlich weiß Dawson um den Hillbilly Bop der frühen 50er Jahre und um Jackie Brenstons „Rocket 88“, aber es wurmte ihn, daß Bill Haleys Stellenwert in der Musikologie geschrumpft ist in den letzten Jahrzehnten, und daß „Rock Around The Clock“ nur noch wahrgenommen wird als Retro-Ringelpiez mit Anfassen oder als Karaoke-Oldie. Zumindest von Pfeifen, in deren Sprachgebrauch Unwörter wie „retro“ und „Oldie“ eine aktive Rolle spielen. Schuld an der Popgeschichtsklitterung sind nicht zuletzt Sprücheklopfer wie John Lennon, von dem Gaga-Blabla wie „Before Elvis, there was nothing“ überliefert ist, gefolgt von „Elvis died when he joined the army“. Der Rock’n’Roll ein kurzer Spuk, der King mit 23 in der Kiste, da bliebe für den guten Onkel Bill nur eine Fußnote in den Annalen. Jim Dawson führt das ad absurdum, indem er die Geschichte des Gassenhauers bis ins kleinste Detail erzählt, diese Fakten in einen kulturhistorischen Kontext stellt und auch die Rezeption nicht ausklammert. So entsteht ein sehr lebendiges Bild von jener Zeit um 1954, von den Lebensumständen der damaligen Jugend, von Sturm und Drang. Fein geschrieben, nah am Geschehen und durchaus analytisch. Dawson ist freilich kein Greil Marcus. Und das ist gut so. Keine sprachlichen Blähungen, kein Vagabundieren durch die amerikanische Volksseele. Eine halbe Stunde dauerten übrigens die Aufnahmen für „Rock Around The Clock“, doch noch heute tingeln die kläglichen Überreste von Haleys Comets durch Clubs und machen sich in dümmlichen TV-Shows zum Affen. Stimmt traurig, erst recht nach der Lektüre dieses Buches. (ca. 18 Euro)