S.C.U.M :: Again Into Eyes
Unterkühlt-dunkler Indie-Pop mit Vorliebe für schöne Unschärfen
Die Melodie für den Sechsminutenseufzer namens „Whitechapel“ geht Sam Kilcoyne angeblich schon seit seinem 13. Geburtstag durch den Kopf. Nun bekommt sie am Ende von „Again Into Eyes“ ihren großen Auftritt – vorgetragen von Thomas Cohen in diesem lässig-antriebslosen Brett-Anderson-Tonfall, eingetaucht in einen trübsinnigen Shoegazing-Beat und begleitet von einem Synthesizer, der sich für ein Mellotron hält, und einem munteren Bass, der sich irgendwie versehentlich in dieses Weltschmerz-Labyrinth verirrt zu haben scheint und nun einen Ausweg sucht.
Der Rest dieses atmosphärisch dichten Debüts ist eifrig darum bemüht, zittrig-unscharf und unterkühlt Depressionen zu vertonen. Natürlich gibt es auf den Britischen Inseln zu dieser Band aus London längst den passenden Hype. Sensation hin oder her, auf jeden Fall inszenieren S.C.U.M ihre Postpunk-Variationen und sich selbst mit einem unerhört introvertierten Artschool-Chic, erschaffen sphärische Soundarchitekturen, die an Suede, The Horrors und in einigen Momenten auch an Joy Division erinnern („Days Untrue“). Ken Thomas hat das Album produziert und sich wohl vor allem deshalb für den Job qualifiziert, weil er zuvor mit David Bowie, den Cocteau Twins oder Sigur Ros gearbeitet hat – und damit ganz gut das Terrain abdeckt, auf dem sich S.C.U.M bewegen wollen.
Während „Cast Into The Seasons“ oder „Sentinel Bloom“ hypnotisch taumeln, mimen „Faith Unfolds“ oder „Amber Hands“ zappelnde Elektrodisco-Rocker. Und wer von „Whitechapel“ betört wurde, wird auch „Paris“ lieben – eine intime Winterballade, die von einem Klaviermotiv getragen wird, zart oszillierend, filigran schwebend. (Mute) Gunther Reinhardt
Beste Songs: „Paris“, „Whitechapel“